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Existenzielle Erkenntnisse

Donnerstag, Juli 29th, 2010 | Author:

Manchmal kommt man ja unverhofft zu Geld. Zum Beispiel wenn man vergisst, dass man welches hatte, oder verliehenes zurückbekommt. Zugegebenermaßen ist das selten der Fall. Ich kam jedoch neulich in die glücklichen Umstände, und beschloss augenblicklich, mir ein neues Sofa zu kaufen. Das ist nicht ganz unsinnvoll, da das Alte demnächst auszieht, vor allem aber ist der Gedanke fein, ein selbstausgesuchtes Sofa zum Draufsitzen und Liegen und Essen und Rumgammeln zu haben. Vielleicht ist es ein bisschen spießig, viel Geld für ein Sofa auszugeben, ala “dann brauche ich die nächsten zehn Jahre kein neues mehr!” – eine Rechnung die eh nie aufgeht wenn man nicht wirklich viel viel Geld ausgibt, und das ist ja Quatsch.

So habe ich also in Gedanken ein Sofa gekauft und dazu gleich noch einen Tisch, von dem ich auch schon lange regelmäßig beim Essen schwedischer Köttbullar träume..

Dann hatte ich gestern eine Art musikalisch-identitätsmäßige Sinnkrise. Wer bin ich eigentlich und so weiter, warum habe ich keine MySpace-Seite und wieso habe ich es noch nicht geschafft ein Konzert zu geben? Die Antwort ist ganz simpel: weil das Equipment fehlt. Also beschloss ich Folgendes: Eines Tages, wenn ich mal zu Geld komme, werde ich mir eine ordentliche Gitarre mit Mikrofon, Verstärker und Gedöns kaufen, und bis es so weit ist tröste ich mich mit meinem schönen neuen Sofa.

Genau. Ich glaube irgendwas in meinem Kopf tickt nicht richtig, denn irgendwie dauerte es etwas länger bis die Erkenntnis über diesen himmelschreienden Unsinn all meine Hirnwindungen durchdrungen hatte. Wer zur Hölle braucht ein schickes Sofa??? Morgen packe ich mein ganzes Geld und gehe in den Musikladen.

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Ich hasse einkaufen

Samstag, Oktober 10th, 2009 | Author:

Ich hasse Einkaufen. Gibt es eine größere Strafe als sich ein neues Kleidungsstück kaufen zu müssen? Mit der Zivilisation haben wir Menschen uns auch den unliebsamen Zwang aufgehalst, unabhängig vom Geldstand im Portemonaie regelmäßig Bekleidungsausstatter aufzusuchen um dort ein Kleidungsstück zu finden, das

  • seinen Zweck erfüllt
  • zu unserer Persönlichkeit und unserem Geldbeutel passt
  • trotzdem andere Menschen nicht erschrickt und
  • möglichst nicht völlig unvereinbar mit der augenblicklichen Mode und der sonstigen eigenen Kleidungsausstattung ist.

Es gibt natürlich kein Kleidungsstück, das alle diese Bedürfnisse erfüllt. (Genauso wie es wahrscheinlich keinen Mann gibt, der das tut, aber wenn es ihn gäbe würde man sicherlich sowieso tot umfallen und hätte nichts davon). Jedenfalls gibt es so ein Kleidungsstück nicht, wenn man es braucht oder sucht. Man findet die Liebe seines Lebens (textilmäßig gesehen), nämlich immer genau dann wenn man

  1. kein Geld hat
  2. zu Hause ein Kleidungsstück ähnlicher Art hat, das seinen Zweck zumindest so gut erfüllt dass man einen Neukauf nicht ohne weiteres rechtfertigen kann
  3. keine Zeit hat
  4. sowieso keinerlei Gelegenheit hat das Objekt der Begierde in nächster Zeit zu tragen und
  5. seine komplette Garderobe erneuern müsste, damit das neue Teil nicht völlig aus dem Rahmen fiele.

Ich bin sowieso schlecht im Einkaufen. Mir mangelt es wahrscheinlich an der genetischen Grundvoraussetzung. Kartenlesen oder logische Probleme systematisch lösen ist überhaupt kein Problem, aber modische Entscheidungen treffen fällt mir schwer. Nicht weil mir nichts steht oder ich keinen Sinn für Farben und Schnitten hätte, vielmehr leide ich gelegentlich an akuter Kaufreue, die ich versuche zu verhindern, indem ich nur das Richtige kaufe, was quasi unmöglich ist.

Dann steht man völlig verwirrt in einem Einkaufszentrum – schwitzend, mit trockener Kehle, unpassend gekleidet, mit schmerzenden Füßen vom ziellosen Herumlaufen und schmerzenden Schultern von der Last des Zeugs welches man unnützer Weise mit sich herumschleppt- und muss sich entscheiden, alle obigen Faktoren in die Erwägung miteinbeziehend. Und dann kommt der schlimmste Teil des Einkaufs, nämlich dann, wenn man unverrichteter Dinge nach Hause fahren muss. Alle physischen und psychischen Leiden, die investierte Zeit und in das in kleinere Notwendigkeiten wie Parkgebühren, Strumpfhosen, Spülmittel und Pizza investierte Geld scheinen umsonst gewesen zu sein, und unheilschwanger hängt die Drohung über einem, dass man das Ganze nochmal durchmachen muss, weil man sich sonst bei jeder Gelegenheit in der zu dünnen Jacke den Hintern abfriert.

Ich weiss wirklich nicht was manche Leute am Einkaufen finden.

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Geld

Montag, September 07th, 2009 | Author:

So hin und wieder wird man brutal darauf aufmerksam, wie weit die Welten auseinanderklaffen in denen Leute mit und ohne Geld leben. So zum Beispiel wenn bei “Frauentausch” das Luxusmodel mit der Metzgereifachfrau tauscht. Oder wenn ein knapp 18-jähriger in Lacoste-Hemd und Designerschuhen sein I-Phone rauszieht, das er sicherlich nicht mit Malerarbeiten verdient hat, sondern von Papa bekommen hat. Er kann nicht wissen was das wert ist, selbst wenn er den Preis kennt. Eine meiner ehemaligen Klassenkameradinnen bekam zum 18. Geburtstag einen BMW Z3, eine meiner ehemaligen Studienkolleginnen musste abbrechen weil sie sich die Gebühren nicht leisten konnte. Ein guter Freund von mir fuhr jeden Tag über 100 Kilometer mit dem Fahrrad und ernährte sich tagelang von Toastbrot mit Nutella – für mehr reichte das Geld nicht.

Arm und Reich scheidet sich zum Beispiel an der Frage, ob man sich zehn Euro für ein Taxi leisten kann oder nicht. Es gibt Menschen, für die das niemals in Frage käme, für die 10 Euro eine Welt sind. Es gibt Menschen, die nicht einmal darüber nachdenken müssen, und für die selbst 100 Euro für einen Partyabend noch eine Selbstverständlichkeit sind. Es gibt auch die Menschen dazwischen – die sich manchmal ein Taxi leisten, die auch manchmal 100 Euro oder 1000 Euro für Dinge ausgeben, aber die eben auch darüber nachdenken müssen.

Geld macht Dinge mit Menschen. Kein Geld zu haben auch. Natürlich würden die meisten Menschen, wenn sie die Wahl hätten, ein Leben mit viel Geld ohne Nachzudenken vorziehen. Die Vorteile sind schließlich unübersehbar: finanzielle Sicherheit, gutes Essen, tolle Kleidung, materielle Lebensqualität, Mobilität, soziale Bevorteilung… Aber Geld hat nicht nur Vorteile. Denn die Freiheit und das Ansehen, die man dadurch gewinnt, sind in den meisten Fällen nicht umsonst. Geld ist nämlich vielfach nur etwas wert, wenn man die Leute um einen herum davon überzeugen kann, das man genug Geld hat und einflussreich und vertrauenswürdig ist. Man bezahlt dafür mit Etikette, und dem gesellschaftlichen Zwang bestimmte Dinge tun zu müssen und bestimmten Trends zu folgen um sich dieses Ansehen zu erhalten.

Neulich hat mich etwas nachdenklich gemacht. Im Einwohnermeldeamt sah ich einen Menschen sitzen, der nicht besonders viel Geld hatte. Er frühstückte Walnusseis aus der Dose. Das sah mir nach einer freien Entscheidung aus, und ich war ein bisschen neidisch. Selbst mit gerade genug Geld in der Tasche hatte ich das Gefühl, mir das nicht erlauben zu können. Nicht das, um diese Uhrzeit und schon gar nicht in einem öffentlichen Gebäude.

Wer arm ist, hat Narrenfreiheit. Kein Geld zu haben dient oft als Entschuldigung dafür, sich daneben zu benehmen, andere für sein Unglück zu beschuldigen oder einfach nur Eier aus Bodenhaltung und Fleisch aus Massentierhaltung zu kaufen weil es billig ist, auch wenn das Nachdenken über Alternativen und das Einschränken des Konsums vielleicht moralischer wäre.Dann sah ich, das das es das billige, fiese, zusammengepanschte Walnusseis von der Firma x war, nicht das unglaublich leckere Markeneis aus Milch von glücklichen Kühen und Walnüssen von glücklichen Bäumen. Das war mit Sicherheit keine freie Entscheidung.

Einerseits kann man es sich mit mehr Geld natürlich eher leisten, sich für Umwelt und Mitmenschen zu engagieren, umweltschonende Dinge zu kaufen und zu spenden. Auf der anderen Seite ist man jedoch auch anfälliger dafür, sich doch den dicken, tollen Wagen zu kaufen, den Tropenholztisch, den Pelzmantel, den seltenen Fisch zu essen und Menschen die weniger Geld haben zu “kaufen”, in welcher Form auch immer – schließlich hat man es sich verdient, und will auch nicht immer ein schlechtes Gewissen dafür haben, dass man es sich leisten kann, mal eben mit dem Wagen zu fahren statt zu Fuß zu gehen und weder auf die Wasser- noch die Stromrechnung zu achten. Man vergisst, was eine Tüte Milch kostet, und vielleicht hat man es auch nie erfahren. Für einige Menschen ist Geld eine solche Selbstverständlichkeit, dass sie völlig gedankenlos damit umgehen und meinen, dass sie ein natürliches Recht auf all die Dinge haben, die sie erkaufen können.

Mit Geld kann man sich Träume erfüllen. Manche Menschen träumen davon, sich nicht zwischen einem Gucci- und einem Pradakleid (aus dem eigenen Kleiderschrank natürlich) entscheiden zu können, aber je mehr Geld man hat, desto geringer ist auch der “Mehrwert”. Träume sind keine Träume wenn man nichts dafür tun muss um sie zu erfüllen und sie selbstverständlich sind. Freundschaften scheinen durch Geld einfacher zu werden, aber die Wahrheit ist anders gelagert. Vielfach macht Geld die Menschen oberflächlicher, und die Einfachheit des Lebens echte Freundschaften nicht mehr so notwendig. Das merkt man allerdings in Krisenzeiten, dann, wenn das Geld knapp wird oder man wirklich mal mit jemandem reden muss. Die alte Volksweisheit, das Geld den Charakter verdirbt, ist vielleicht doch nicht so weit hergeholt.

Ich glaube, dass Geld eventuell glücklicher macht. Aber ich würde nicht mit jemandem tauschen wollen, für den es eine Selbstverständlichkeit ist. Ich hätte gerne genug um mich sicher zu fühlen, und ich möchte nie vergessen wie es ist keins zu haben, denn meine Freunde, Träume und moralische Integrität sind mir wichtiger. Außerdem möchte ich die Freiheit haben, an einem öffentlichen Ort auf dem Fußboden sitzen zu dürfen und Walnusseis zu frühstücken, mit genug Geld in der Tasche, um mir das Leckere zu leisten…

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