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Winterträume

Dienstag, November 23rd, 2010 | Author:

Auf dem Weihnachtsmarkt schlendern Polizeieinsatzkräfte herum – also nicht die mit Uniform, sondern mit Kampfanzug. Sie sind jung, gutaussehend und gut gelaunt. Mittagspause bei einem Apfel im Schokomantel? Oder sind sie etwa im Dienst und passen auf, dass niemand einer Oma die Handtasche klaut? Ich stelle mir vor, wie plötzlich eine wilde Verfolgungsjagd ausbricht und die beiden jungen Polizisten fit und fidel einen Verbrecher durch zerberstende Stände voller Kerzen, Silberschmuck, Strickwaren und Süßigkeiten jagen. Sehr schön.

Mein erstes Konzert: nächsten Freitag. Ins Hemd machen ist eine gelinde Bezeichnung für meinen Gemütszustand. Ich gucke Castingshows mit minderbegabten, dicken, pickeligen, amerikanischen Teenagern um mein Ego zu stärken. Zusätzlich werden gerade alle Leute um mich herum von einer feisten Grippewelle umgeworfen, und ich kann von Glück sagen, dass ich nur ein bisschen heiser bin, was jedoch auch alles andere als förderlich ist… Vielleicht helfen noch mehr Stricksocken.

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Existenzielle Erkenntnisse

Donnerstag, Juli 29th, 2010 | Author:

Manchmal kommt man ja unverhofft zu Geld. Zum Beispiel wenn man vergisst, dass man welches hatte, oder verliehenes zurückbekommt. Zugegebenermaßen ist das selten der Fall. Ich kam jedoch neulich in die glücklichen Umstände, und beschloss augenblicklich, mir ein neues Sofa zu kaufen. Das ist nicht ganz unsinnvoll, da das Alte demnächst auszieht, vor allem aber ist der Gedanke fein, ein selbstausgesuchtes Sofa zum Draufsitzen und Liegen und Essen und Rumgammeln zu haben. Vielleicht ist es ein bisschen spießig, viel Geld für ein Sofa auszugeben, ala “dann brauche ich die nächsten zehn Jahre kein neues mehr!” – eine Rechnung die eh nie aufgeht wenn man nicht wirklich viel viel Geld ausgibt, und das ist ja Quatsch.

So habe ich also in Gedanken ein Sofa gekauft und dazu gleich noch einen Tisch, von dem ich auch schon lange regelmäßig beim Essen schwedischer Köttbullar träume..

Dann hatte ich gestern eine Art musikalisch-identitätsmäßige Sinnkrise. Wer bin ich eigentlich und so weiter, warum habe ich keine MySpace-Seite und wieso habe ich es noch nicht geschafft ein Konzert zu geben? Die Antwort ist ganz simpel: weil das Equipment fehlt. Also beschloss ich Folgendes: Eines Tages, wenn ich mal zu Geld komme, werde ich mir eine ordentliche Gitarre mit Mikrofon, Verstärker und Gedöns kaufen, und bis es so weit ist tröste ich mich mit meinem schönen neuen Sofa.

Genau. Ich glaube irgendwas in meinem Kopf tickt nicht richtig, denn irgendwie dauerte es etwas länger bis die Erkenntnis über diesen himmelschreienden Unsinn all meine Hirnwindungen durchdrungen hatte. Wer zur Hölle braucht ein schickes Sofa??? Morgen packe ich mein ganzes Geld und gehe in den Musikladen.

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“Blödsinnige Idee”

Sonntag, Juli 25th, 2010 | Author:

Nach einer arbeitsintensiven Woche gibt es kaum etwas Besseres, als so richtig zu rocken. Musik, Menschen, deren erhitzte Körper sich berühren, Massenekstase. Der Gedanke daran lässt mir jetzt einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen. Das Ruhrgebiet ist eine Brutstätte von Festivals und Kulturveranstaltungen, es ist warm und wir sind durstig nach Begeisterung, Bewegung, Berührung. Dann die Loveparade, nur wenige Kilometer, ein paar lächerliche Zugminuten entfernt und auf vertrautem Boden. Rob ruft an: “Wir sind in Duisburg, kommst du?” Aber D., mit dem ich verabredet bin, kann sich nicht für die Musik erwärmen. Ausserdem weiss er nicht, was er von dieser “blödsinnigen Idee” halten soll, in einer winzigen Stadt mit gerade mal 400.000 Einwohnern eine Million Menschen zusammenströmen zu lassen.

Ich war auf der Loveparade in Berlin, als ich fünfzehn war. Ab Bielefeld, so sagte man uns, müsst ihr durch die Zugfenster einsteigen. Und so ist es. Der Zug ist hoffnungslos überfüllt, alle wollen mit, der Bahnhof ist voll mit Menschen, aber wir werden durch die Fenster hineingezogen zu den anderen, die schon auf Gepäckablagen, auf Sitzlehnen und aufeinander hocken und feiern. Als wir nachts zurückwollen dauert es viele Stunden um überhaupt aus der Stadt herauszukommen… Nach so vielen Jahren Loveparade sollte man denken, dass die Veranstalter ein Gefühl für Massendynamik entwickelt hätten. Aber es ist eine unberechenbare, forcierte Wanderveranstaltung geworden, und Berlins breite Straßen und Parkanlagen sind nicht das Gleiche wie ein abgesperrter Güterbahnhof in einer kleinen Stadt, sagt auch Loveparade-Gründer Dr. Motte, der schon länger nichts mehr mit der Veranstaltung zu tun haben will…

Ich bin zu Hause, als die Sirenen einsetzen, und dutzende Polizei- und Krankenfahrzeugen durch meine Straße fahren. Warum, wohin kann ich nur ahnen. Im Gedränge ist Jona, der mir mal sieben Stunden am Stück auf seiner Wandergitarre vorgespielt hat. Es gibt nur einen Zugang durch eine Unterführung zum Festivalgelände, es drängen immer mehr Menschen nach, doch es ist schon zu voll. Die Polizei fängt an Leute zurückzudrängen, viele wollen auch gehen, doch im Tunnel ist es schon so voll dass man kaum noch durchkommt, erzählt Jona. Überall sind Absperrungen, Wände, Tunneldecken, Menschen. Die Leute werden ängstlich, wütend, hysterisch, fangen an übereinander zu steigen, es gibt kein vor und kein zurück, aber die Polizei versucht weiter die Absperrungen zu kontrollieren. Jona schafft es gerade noch so, herauszukommen bevor die Panik vollends losbricht. Nur fünf Minuten später sterben die ersten Menschen.

Rob und die anderen sind in einer Nebenstraße bei einer Pizza versackt. Jona sagt die Polizei hätte nicht so viel Druck und Kontrolle ausüben dürfen. Die Welt sagt die Polizei wollte von Anfang an mehr Zugänge, aber das war wohl zu teuer. Ich suche in den Bildern nach den Gesichtern von Freunden.

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Filosofisches zur Musik

Dienstag, Juni 22nd, 2010 | Author:

Musik zu machen ist vergleichbar damit, eine Beziehung zu einem anderen Menschen zu führen. Wie die Liebe zu einem Menschen kann auch die Liebe zur Musik nur eine bedingungslose Liebe sein. Man findet nur dann sein Glück in ihr, wenn man voller Ambition und frei von jeder Erwartung an sie herangeht. Viele Menschen machen Musik um berühmt zu werden, oder erhoffen sich von einer Beziehung, durch den anderen erhöht zu werden. Sie sind enttäuscht wenn es nicht klappt, während wieder andere ganz ohne Ambition sind, sie stecken nicht genug Seele und Kraft in diese Beziehung und beginnen irgendwann sich zu langweilen.

Man braucht Leidenschaft und gleichzeitig viel Geduld. Es braucht ungestüme, gewaltige Emotionen um der Liebe die Töne zu entlocken, die sie lebendig machen und sie zum sprechen bringen. Doch nicht immer bekommt man das, was man fordert, der Ton ist zum xten mal daneben gegangen und was man hört entspricht nicht den eigenen Erwartungen. Ohne Geduld endet man damit den Geliebten/die Geliebte zu verfluchen und zumindest wenn es sich um ein Instrument handelt selbiges gegen die nächste Wand zu werfen und zu zertrümmern.

Man muss lieben mit Willensstärke und Disziplin, und doch muss man sich leiten lassen von seinen Gefühlen. Mit Willensstärke ist gemeint, dass es manchmal notwendig ist, dem Instrument seinen Willen aufzuzwingen, nicht nachzugeben und um die Liebe zu kämpfen. Gleichzeitig muss man aber auch in der Lage sein, dem anderen zu vertrauen und sich leiten zu lassen. Man muss mit Disziplin tausendmal die gleichen Töne spielen, den Abfall raustragen, unbeirrbar weiter gehen und überhaupt willens sein auch dann zu lieben wenn es gerade schwierig ist, die Lust eine Weile nachlässt oder andere Dinge wichtiger erscheinen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass man in der Routine untergeht und mechanisch Tonleitern und Liebesschwüre herunterbetet. Nein, man muss seinen Gefühlen nachspüren und auch in die kleinen Dinge Liebe hineinlegen.

Doch die Liebe braucht noch mehr. Man braucht das Selbstbewusstsein um Grenzen zu überschreiten, Dinge zu fordern und man muss zugleich in der Lage sein die eigenen Fehler einzugestehen und an sich zu arbeiten. Wenn man vor einem Instrument sitzt und sich sagt: “Das kann ich nicht, ich bin schlecht und habe es ja auch gar nicht verdient dieses tolle Instrument zu spielen…” ja, da würde sich wohl jede Gitarre mitleidig abwenden und nach einem Musiker suchen, der bereit ist es mit ihr aufzunehmen. Auch reicht es nicht, zufrieden mit dem zu sein, was man bekommt, sonst bleibt der Klang der Liebe wie der klägliche Vortrag eines Blockflötenaspiranten, und die Gewalt der Oper bleibt denen vorbehalten, die sich wagen danach zu streben. Doch Symphonien können auch nur entstehen wenn man an sich arbeitet und wenn man seine Fehler anschauen kann ohne dabei den Glauben an sich selbst aufzugeben.

Ich werde jetzt Lasagne essen und danach meiner Gitarre ein paar zärtliche Töne entlocken…

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Troubardine

Mittwoch, Mai 26th, 2010 | Author:

Schon als Kind wurde mir ein herausragendes schauspielerisches und dramatisches Talent von meinen Eltern bescheinigt, nämlich immer dann, wenn sie mein derzeitiges Anliegen als nicht ganz so ernstzunehmend betrachteten. Sie meinten es sicherlich nur gut und wollten mich bestimmt früh fördern. Nach zwei Jahren Klavierunterricht kam ich in die Pubertät und die Klavierstunden wurden durch Mathenachhilfe ersetzt. Zwar schrieb ich schon erste Lieder, diese trug ich allerdings nur betrunken auf Partys vor. Ich weiss nicht ob es ein Kompliment war, wenn Leute sagten, dass das Stück im Original bestimmt sehr gut klänge. Man versuchte mir das Gitarrespielen beizubringen um meinen Gesang zu übertönen, doch ich scheiterte und man ging dazu über, mich an Bäume zu knebeln wenn ich etwas getrunken hatte. Im Abijahrbuch gewann ich dann neben dem Titel “Chaotischste/r” auch in der Kategorie “Beste/r Sänger/in”, wobei ich nicht weiss, ob ich dieses Ranking meiner Unbeliebtheit oder meinem unvergleichlichen Talent zu verdanken habe, ich befürchte fast Ersterem.

Vor zwei Jahren beschloss ich, nun doch Gitarre zu lernen und siehe da: Es klappte. Auf meine Vorträge reagierten die Leute jedoch sehr unterschiedlich: Engste Freunde glotzten mich irritiert an und wechselten schnell das Thema, während wildfremde Menschen mir um den Hals fielen und mich berühmt machen wollten. Meine Eltern sagten, dass das ja eine feine Sache sei, und verzichteten gänzlich auf einen musikalischen Vortrag. Ich machte trotzdem weiter.

Mein Chef, der ursprünglich aus der Musikindustrie kommt, meinte neulich zu einem Stück von mir: “Sehr experimentell. Aber witzig.” Meinte er damit, dass es leider experimentell, dafür aber witzig sei, oder dass es toll experimentell, jedoch leider witzig sei? Trotzdem sieht die Welt heute ganz anders aus als noch vor ein paar Monaten. Meine beste Freundin, die immer versuchte meinen Enthusiasmus vorsichtig zu bremsen, hörte nach langer Zeit noch einmal Lieder von mir und hatte die ganze Woche Ohrwürmer davon. Eine andere Freundin entschuldigte sich bereits vor dem Vortrag, dass sie nicht so der Typ sei, der begeistert auf solcherlei Dinge zu reagieren pflege, und ich dies nicht persönlich nehmen solle. Schon nach den ersten Tönen strahlte sie jedoch bis über beide Ohren und kündigte an, mich für diesen Herbst bei “Unser Star für Oslo” anzumelden. Auf den Hinweis, dass meine Stimmqualität doch noch nicht ganz hinreichend für eine solche Angelegenheit sei, entgegnete sie, dass ich ja nun Bescheid wisse und bis dahin Zeit zum üben hätte.

Selbst mein eigener und normalerweise hochkritischer Freund sagte vor kurzem, dass ich ja nun allmählich mal an die Öffentlichkeit müsste, und auf Partys beginnen Menschen mir Gitarren zu reichen und mich zu bitten etwas vorzuspielen. Es ist gar kein schlechtes Gefühl wenn man jahrelang der einzige Mensch gewesen ist der an einen glaubt (wie bei dem britischen Mobilfunkverkäufer Paul Pott, der plötzlich Opernstar wurde) und plötzlich tun es viele, sie fragen Aufnahmen für ihren Ipod und wollen schon Karten für mein erstes Konzert vorbestellen… Ich bin sehr glücklich darüber und möchte meiner Gitarre, die einmal fast gestorben wäre, aber dann doch von einer angehenden Geigenbauerin, die am selben Tag Geburtstag hat wie ich, gerettet werden konnte, demnächst einen Heiratsantrag machen. Am Ende muss man einfach nur üben und immer weiter machen, egal wie blöd man sich manchmal dabei vorkommen mag.

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Buddy Holly Musical Review

Dienstag, Oktober 13th, 2009 | Author:

“Er hatte braune Augen und auch braune Haare, er hatte eine Brille und eine Gitarre, auf der Gitarre spielte er bis zur Ekstase und die Brille trug er immer auf seiner Nase…oho!” singen die Ärzte. Ich kann das Lied auch auf der Gitarre schrammeln.

Letzten Mittwoch waren wir dann bei der Pressepremiere des Buddy Holly Musicals in Essen. Bei Presseveranstaltungen gibt es meistens Alkohol umsonst, damit es einem besser gefällt und man was Nettes schreibt, aber ich bin natürlich unbestechlich ;-) Im Grunde ist meine Meinung wohl auch deswegen fehl am Platze weil ich Buddy Holly und sein Werk nicht wirklich kenne und Rock’n Roll für viele junge Menschen nunmal nicht mehr diesen revolutionären Touch hat. Von daher fehlte für mich persönlich ein wenig der Mitreissfaktor und die persönliche Rührung, die allerdings einigen Herrschaften mittleren bis älteren Jahrgangs deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Ich müsste ich wohl eher warten bis ein “Metallica-Musical” rauskommt, um das zu erleben.

Trotzdem kann man wohl sagen dass es musikalisch absolut grossartig war. Die Soundtechnik war einmalig gut, so dass man wirklich alles wunderbar hören konnte und ein perfektes Klangerlebnis hatte! Auch das Bühnenbild und die Lichttechnik waren großes Kino, sehr beeindruckend. Die Kostüme waren angeblich sehr aufwändig gestaltet, leider waren dies hauptsächlich die Kostüme der Nebendarsteller. Zudem waren die Einzelheiten der besonders ausgefallenen Countrykostüme mit ihren zahllosen Pailetten, Fransen und Stickereien höchstens in den ersten Reihen zu erkennen.

Die Akteure waren teilweise sehr nervös – nun gut, das erste Mal vor richtigem Publikum – und die schauspielerische Leistung nicht herausragend. Dazu muss man allerdings sagen dass der Plot auch wenig Futter hergab um sich schauspielerisch auszutoben und ausnamslos alle Akteure eine so brilliante und weitgefächerte musikalische Begabung an den Tag legten dass man kaum mehr von ihnen hätte verlangen können.

Auch wenn sich der Plot in Grenzen hielt steigerte sich das Musical stimmungsmäßig gewaltig, und es wurde immer noch etwas draufgelegt, bis zu einem bunten und wirklich beeindruckenden Finale am Ende. Ein klassisches Musical, würde ich sagen, und wirklich gut gemacht mit grandioser Technik! Wenn man sich für die Musik und die Ära der 50er begeistert wirklich sehr zu empfehlen!

(Wer damit nicht ganz so viel anfangen kann wartet besser mit mir auf das Metallica- oder Madonna-Musical… )

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