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Wärmflasche

Donnerstag, März 11th, 2010 | Author:

Menschen sind grundsätzlich selbstzerstörerische Wesen. Wir wollen gar nicht erst global denken, es fängt schon bei den kleinen Dingen an. Viele Leute rauchen, andere stürzen sich an Seilen von irgendwelchen Klippen, wieder andere spielen so lange Computer bis sie verdursten oder das Haus abbrennt. Ich dusche zu heiss. Bei Temperaturen wie diesen drehe ich alle zwanzig Sekunden den Hahn zwei Millimeter weiter und nehme dabei die Gefahr von Verbrennungen ersten Grades in Kauf.

Eigentlich fing meine Hitzesucht recht harmlos an. Aufgrund der arktischen Temperaturen in meiner alten Wohngemeinschaft froren mir gelegentlich die Finger an der Tastatur fest, so dass ich mir gelegentlich eine Wärmflasche eingoss (wie andere vielleicht einen Grog). Bald schon hatte ich mich so an das Gefühl dieses heissen Beutels gewöhnt, dass ich sobald ich nach Hause kam als erstes eine Wärmflasche zubereitete.

Ein beheizter Schlafraum ist keine Alternative, wichtig ist der Kontrast zwischen Kalt und Warm. Heizdecken fühlen sich eher so an als hätte einem jemand ins Bett gepinkelt. Selbst in Australien fühlte ich mich nach kurzer Zeit genötigt, mir eine Wärmflasche zu kaufen. Seitdem nehme ich stets eine Wärmflasche mit wenn ich unterwegs bin, auch wenn mich Partygastgeber gerne etwas komisch angucken wenn ich mir eine Wämrflasche mache bevor ich besoffen in den Schlafsack krieche.

Auf den Phillipinen war das bei 30 Grad natürlich völlig überflüssig, lieber sprang man morgens in den Pool um sich abzukühlen. Als ich jedoch in den Tiefen meines Rucksacks wühlte, stellte ich fest, dass ich ohne es zu bemerken auch in die Tropen meine geliebte Wärmflasche mitgenommen hatte…

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Phillipinen

Samstag, März 06th, 2010 | Author:

Ich schreibe aus dem Land wo es keine Postkarten gibt, und auch keine Hausnummern. Auf den einsamen Inseln gibt es alle 30 Kilometer ein Internetcafe. Dort sitzen Gamer, die in Bambusverschlaegen wohnen, und sehen genauso aus wie alle andereren Gamer dieser Welt. Wenn man Glueck hat, funktioniert sogar das Internet.

Noch bevor wir den Flughafen nach 17-stuendiger Reise verlassen, fangen wir an zu drehen. Man soll schoen authentisch fertig aussehen. Die Fahrt durch Cebu, den suedostasiatischen Moloch, hoechst sonderbar. Man fuehlt sich wie in einem Film (Apocalypse Now?), oder einer Stadt entworfen von Walther Moers. Bilder duerrer, barfuessiger Kinder und zahnloser alter Leute aus Reportagen und Dokumentationen werden lebendig, und doch ist es kein Stueck wie im Fernsehen.

In dieser Welt ist es immer heiss, die Schilder bunt und selbstgemalt, die Mopeds knatternd. Man kann sich kaum vorstellen, dass genau zur gleichen Zeit andere Menschen genauso wohnen wie wir es tun: In Haeusern, kalter Luft, stillen Staedten, anderen Farben. Die Farben der Dinge hier sind anders. Das Meer, der Himmel, die Sonne haben andere Farben, genauso wie die Menschen, die Pflanzen und das Essen.

Auf unserer Insel gibt es kaum Weisse. Nach zwei Tagen wissen alle auf der Insel vom deutschen Fernsehteam. Der Dreh ist anstrengend, wir holen alles aus uns raus, weil wir jung sind und ehrgeizig. Wenn ich irgendwo lang gehe starren mir alle hinterher, alle winken und fragen woher ich komme, die Kinder kichern “You are so beautiful!” und ich erzaehle dass sich bei uns Leute auf Maschinen legen um braun zu werden. Alle denken ich sei ein deutscher Filmstar.

Inmitten von karibischem Traum, Dschungelhuetten und tiefstem katholischem Missionsglauben, verewigt in meterhohen, buntbemalten, Marienfiguren aus Plastik, traeumen die Menschen von Coca Cola, Kalter Luft und Glamour. Das der auch nur Schein sein kann ist ihnen egal. Auf der anderen Seite treffen wir einen reichen Amerikaner, der Heidegger und Hegel studiert hat und eine tiefe Sinnkrise hat, weil er sich nach dem unberuehrten Paradies und der Unschuld sehnt. Fuer uns ist es romantisch, belebend, mit nackten Fuessen am Strand entlang zu laufen und endlich etwas zu spueren in unserer kuehlen, sterilen Welt, aber wer immer Sand zwischen den Zehen hat sehnt sich nach festen Schuhen und sauberem Boden.

Ich singe mein erstes Konzert in einer kleinen Wellblechhuette mit einer phillipinischen Band, die auf feuchten Seiten spielen, meine Stimme knarzt durch den Verstaerker und ist schlimmer als beim Karaoke, aber es macht Spass. Neben mir liegt ein gegrilltes Schwein. Ich esse lieber Reis. Dem Hotelbartender bringe ich bei wie man White Russian mixt. Alles andere ist hoffnungslos.

Es gibt viel zu erzaehlen, so viel, das man fast nicht anfangen kann. Von den deutschen Maennern die hier heiraten, dem Essen und der Dschungelkommune, dem Busfahren und den seltsamen Leuten die man trifft. Vielleicht wenn ich zu Hause bin.

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Bambushüttenträume

Donnerstag, Februar 04th, 2010 | Author:

Dies sollte nie ein Jammerblog sein, sondern einen humorvoller schriftlicher Blick auf das Leben. Leider ist mit dem Verlust meiner Wahlheimat God-City, dem Abbruch des sinnlosen Studiums, dem Verlust von Jobs und Zukunftsperspektiven auch der Humor etwas verlustig gegangen.

Um mein Elend nicht wie viele andere Depressive ellenlang auf irgendwelchen Bahnschienen auszubreiten, habe ich die Beine in die Hand genommen und mit Sport und Therapie gegengesteuert. Der Gedanke, eventuell Psychopharmaka nehmen zu müssen, führte zu einer spontanen Schockheilung. Ich nehme nicht mal Aspirin wenn ich Kopfschmerzen habe.

Alternative: Jeden Tag eine Stunde spazieren, Omega-3-Fettsäuren in medizinischen Dosen (in Ländern in denen viel Fisch gegessen wird gibt es kaum Depressionen, und Studien belegen mittlerweile eine deutliche antidepressive Wirkung) und Akupunktur. Das Schwierigste ist dabei wohl, die Angst vor der Zukunft zu verlieren und die Dinge so zu nehmen wie sie eben kommen.

Mittlerweile habe ich beschlossen viel Geld und Zeit zu investieren und noch einmal ein neues Bachelorstudium im Fach Psychologie zu beginnen (nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass man tatsächlich die knallharte Wissenschaft mit biologischen und neurologischen Aspekten lernt, und kein Hausfrauenwischiwaschi!). Bis dahin nutze ich die Zeit, um die Dinge zu tun, die man sonst wohl nie tun kann:

  • Theater spielen (gestern war die Premiere, es ist aufregend, und ich habe so etwas wie eine kleine Familie gefunden ;-) Wir spielen diese Woche jeden Abend, ständig sind Leute um einen und die Zeit vergeht wie im Flug)
  • Lieder schreiben und komponieren (ich werde schon von betrunkenen Semistars angesprochen, die mir begeistert um den Hals fallen und schwören, dass sie mich “ganz groß” machen werden… ;-) Immerhin, demnächst wird ein Demo aufgenommen und Kontakte entstehen…)
  • bei einem TV-Beitrag mitspielen (dafür geht es auf die Phillipinen! Zuerst habe ich mir Sorgen um das Geld gemacht und mich vor dem Flug gefürchtet und vor dem Drehstress. Aber nun habe ich beschlossen, noch eine Woche länger da zu bleiben. Ich werde ganz allein am anderen Ende der Welt in einer Bambushütte in einem kleinen Fischerdorf wohnen, vor Hitze eingehen, Cocktails schlürfen, meine Zehen in den Sand graben, jede Menge exotisches Zeug mit Reis essen und mit einem stinkenden Moped durch den Urwald tuckern; Wasserfälle und Tiere bestaunen, Nichtstun und vielleicht einfach da bleiben…;-) )

Es wird also viel zu berichten geben. Wie es wird und was aus mir wird, weiss ich noch weniger als vor einem Jahr, aber ich glaube ich finde Gefallen daran. Vielleicht habe ich doch zu viel geplant und zu wenig gewagt…

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