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Prinzessin Io

Freitag, März 13th, 2009 | Author:

Ich kann wohl angesichts einiger erhitzter Gemüter nicht umhin, noch ein paar Worte dazu zu äußern, warum ich meinen Freund in sehr gelegentlichen Momenten manchmal Prinzessin nenne.

Vermutlich kann man es niemandem verdenken, wenn er bei dem Begriff “Prinzessin” zu allererst an arrogante blonde Mädchen mit rosa, spitzenverzierten Kleidchen und Krönchen im Haar denkt (auch wenn echte Prinzessinen diesem Bild eher selten entsprechen). Ich möchte betonen, dass mein Freund mit solchen Wesen in etwa soviel gemein hat wie Pumpernickel mit Weissbrot. Trotzdem musste ich mir vorwerfen lassen, ihn mit einer solchen Bezeichnung zu “entmannen” und öffentlich seiner Ehre zu berauben. Dazu darf man vielleicht erwähnen dass diese Vorwürfe von einem Artikel über zunehmendere Feminisierung der Männer durch das weibliche Geschlecht stimuliert wurden.

Also, hätte ich meinem Freund einen schwulen Namen geben wollen, würde ich ihn “Hasi”, “Schwuppsipupsi” oder eben “Schatz” nennen. Bei “Prinzessin” handelt es sich jedoch um eine so absurde Bezeichnung, dass der geneigte Leser wohl von selbst darauf schließen kann, dass es sich hier um ein mythologisch-literarisches Konzept handelt, das eine metaphorische Symbolhaftigkeit besitzt, die in ihrem Grundgehalt nicht unabdingbar an irgendein Weiblichkeitsprinzip geknüpft ist, sondern als solche geschlechtslos ist.

Ich erkenne das Argument an, dass das feminine Pronomen “die” Prinzessin auf den ersten Blick auch fehlleitend ist. Es wäre natürlich möglich, wenn auch grammatikalisch falsch, den Artikel “die” durch “der” wie in “der Prinzessin” zu ersetzen, dort läuft man allerdings die Gefahr der Assoziation mit dem Prinzen, der ja, wie sich bereits feststellen liess, wegen der damit verbundenen unwürdigen Lebensumstände als Kosename ungeeignet ist.

Ich finde, dass “Prinzessin” ein charmanter, hintersinniger und origineller Kosename gerade für einen Mann ist, aber um unaufgeklärten Gemütern nicht den Eindruck zu vermitteln ich wolle meinen Freund feminisieren werde ich hier wohl auf die Bezeichnung verzichten. Vielleicht könnte ich ihn stattdessen so nennen, wie er sich selbst nennt wenn er ‘online’ ist: “Io”. Io ist ein Feuermond von Jupiter und das geologisch aktivste Objekt in unserem Sonnensystem. Der Name selbst stammt aus der griechischen Mythologie und gehörte einer PriesterIN von Hera, DIE mit Zeus gevögelt hat. Das kann man jetzt vielfältig interpretieren, aber Io ist ein schöner Name und ich bin nicht schuld wenn jemand das schwul findet.

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Category: Allgemeines, Fast Wichtiges

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7 Responses

  1. *lol* Ich mag den letzten Absatz!

  2. 2
    Chris 

    Okay, da WP scheinbar meinen langen Kommentar nicht will, hier in zwei Stücken:

    Soso, es gab einige erhitzte Gemüter? Scheinbar aber in diesen absurden Ding, das viele Leute “Real Life” nennen, hier als Kommentare war eigentlich alles ziemlich moderat. Aber scheinbar ist das Thema wirklich so interessant, sonst würde es nicht bereits zum dritten Mal hier gebloggt. (An dieser Stelle zähle ich einfach mal die Erwähnung der Prinzessin im Wander-Beitrag mit…)

    Komischerweise wird mir schnell eine Homophobie vorgeworfen. Stimmt, ich scheiße schnell was auf PC und verwende das Wort “schwul” als Adjektiv fast in inflationärer Weise. Dabei beziehe ich mich aber nicht auf einen homosexuellen Mann, sondern auf eher auf Synonyme für “weibisch”, “verweichlicht”, “weinerisch”. Warum sich gerade die Bezeichnung für eine sexuelle Neigung mit derart negativer Konnotation durchgesetzt hat, ist mir auch nicht klar. Fakt ist aber nun mal, dass jeder versteht, was ich meine, wenn ich sage, dass z.B. Heavy Metal mit Keyboards “schwul” ist.
    Wo wir wieder beim Thema sind, da der Prinzessin auch mal in einer Death Metal Band mit Keyboard an selbigen gespielt hat! Und THE OTHER DIMENSION war beispielsweise musikalisch ganz und gar nicht “schwul”, sondern atmosphärisch. Das ist ein Unterschied, aber durch diese bewusst proletarische Aussage ist im Allgemeinen schneller klar, was ich ausdrücken will. Nach mehreren Lektüren einschlägiger Marketing-Text-Ratgeber kann man sagen, dass für Texte für eine breitere Masse einfaches und umgangssprachliches Vokabular schneller gelesen und verstanden werden kann. Gerade, wenn man Texte für das Internet verfasst, wo das Lesen eine doppelte Anstrengung ist.
    Ein anderer Aspekt, der nochmal in diesem Kontext betont werden sollte ist, dass es wohl keine Musik-Szene mit einem so homoerotischen Aspekt gibt, wie den Heavy Metal, der im allgemeinen als homophob gilt: Rob Halford, Roddy Bottum und alleine Manowar zeigen doch deutlich, dass wir “Schwule” akzeptieren, tolerieren und deren “Kultur” als Einfluss für unsere Szene nehmen. Halbnackte Männer in Leder mit Nieten, die Motorrad fahren und sich auf Konzerten in sogenannten Moshpits zum Kuscheln über heroische Musik treffen – wenn das mal nicht der Inbegriff von Homoerotik ist? Und das, ohne dabei weibisch zu wirken und uns gegenseitig Namen für weibliche Personen zu geben…

  3. 3
    Chris 

    Nun könnte man sicherlich den sprachtheoretischen Ansatz fahren und über die Profanität von Worten als Beschreibung der Wirklichkeit auslassen. Aber soviel Denken will ich gar nicht. Wer Wittgenstein unbedingt an dieser Stelle lesen will, sollte im zweiten Wort dieses Satzes Befriedigung finden.
    Vielmehr sehe ich die Thematik so: Es gibt nun mal eine Geschlechtertrennung. Und diese ist mehr oder weniger naturgegeben. “Jungen haben einen Penis und Mädchen eine Vagina” – Bedarf es weiterer Informationen? Klingt trivial, aber es ist nun mal der Kern der Sache. Ebenso gibt es weitere physiognomische Unterschiede. Und um diese Fakten aus der Realität darzustellen, hat man nun mal mehr oder minder abstrakte Tonfolgen gewählt. Sicherlich kann man mit diesen gewählten Worten spielen – ich selber LIEBE das Spielen mit Sprache! – aber schlussendlich fördert man gerade durch das Ausbrechen aus gewohnten Denkstrukturen eine Reaktion. Dies wurde scheinbar mit deinen zwei (drei) Beiträgen hier erreicht.

    Nun kommt der schöne Aspekt der zunehmenden Femininisierung des Mannes hinzu: Auf der einen Seite wird der Freund als “Gretel” bezeichnet und man wünscht sich von ihm mehr Gefühle, Mitarbeit im Haushalt und ein Verständnis für den eigenen Schuhfimmel. Aber auf der anderen Seite will man den Helden, der einen Verteidigt, die starke Schulter zum Anlehnen und jemanden, der das Gurkenglas aufbekommt… Zwei komplett unterschiedliche Anforderungsbögen an leider nur einen Mann. Und da gab es schon entsprechende Artikel (ich meine in der Psychologie Heute), die dieses Dilemma für den modernen Mann beschrieben haben. Es fehlt einfach die klare Linie, ein plumper Identifikationsfaktor. Wer soll ich heute für meine Freundin sein? Der Held, der den dummen Typen an der Theke direkt auf die Fresse haut, weil er meine Freundin “Schnalle” nennt? Oder der verständnisvolle Freundin-Typ, der gleichberechtigt seiner Freundin die Möglichkeit einräumt sich selber zu verteidigen?

  4. 4
    Chris 

    Vertrau mir, als Mann ist man heute in einem ständigen Eierlauf, denn die gefällte Entscheidung (heute der Macho, der “seine” Frau verteidigt oder der ruhige Typ, der der Freundin selber den Freiraum zur Emanzipation lässt) ist zu 50% falsch. Egal, wofür man sich entscheidet.

    Ich gebe dir zwar voll und ganz recht: Frauen dürfen Latzhosen tragen, Männer aber keine Röcke. Lesben-Sex in der Öffentlichkeit ist erwünscht, ein Kuss zwischen Männern hingegen direkt ein Ärgernis. Gleichberechtigung ist sicherlich ein nettes Scheinwort in einer pseudoliberalen Gesellschaft. Doch sollte man schon eine klare Linie fahren: Will man einen Kerl, dann sollte man ihn auch die entsprechende Identifikationsmöglichkeit geben. Will man ein Mädchen, sollte man vielleicht nochmal seine eigene sexuelle Neigung überdenken (:

  5. 5
    Chris 

    P.S.: Ich finde diese ganze Sache mit “schwul” oder heterosexuell dermaßen überbewertet. Wenn jemand eine Person des gleichen Geschlechts liebt, wird dies direkt verbalisiert, thematisiert und als Entscheidungsgrundlage verwendet. Was ist nun aber mit anderen sexuellen Neigungen? Darf man nicht mehr sagen “Fick die Henne”, nur weil ein bekannter Zoophil ist? Und was ist mit dem ersten Teil von “Evil Dead”? Diskriminiert dieser etwa die Dendrophilen? Verdammt nochmal, lasst doch einfach die Neigungen im Schlafzimmer (oder auf der Farm, oder im Wald, oder wo immer man Spaß am Sex hat) und besinnt euch auf das Wesentliche: “Prinzessin” als Kosenamen für einen Mann ist schwul – und da kann Io nichts für(;

  6. 6
    admin 

    Lieber Chris,
    ich lass dir deinen etwas überausführlichen Kommentar mal durchgehen ;-)

    1. muss man sich nicht immer persönlich angesprochen fühlen, keiner der Einträge zielte darauf ab gegen irgendjemanden im speziellen einen Verteidigungsfall aufzumachen.
    2.Ich stimme mit deiner Bedeutung von “schwul” als nicht das Homosexualle sondern das “weinerische”, “weibische” usw meinend überein. Ich finde das tut meiner Argumentation gar nichts.
    3. Diese scheinbare Ambivalenz in den weiblichen Anforderungen gegenüber Männern ist evolutionär begründet (Mann= kümmerer und beschützer) hat aber auch moderne Aspekte, da Partnerschaften heute ja nicht mehr unbedingt der Fortpflanzung dienen müssen, so werden Verständnis und Interessen wichtiger. Ausserdem gibt es von Männern ebenfalls widersprechende Anforderungen an Frauen (Sexy & feminin versus mütterliche Hausfrau). Im Grunde haben wir es hier mit Klischees zu tun, und wie jeder seine persönliche Beziehung gestaltet ist ihm überlassen. Wenn ich als Mann nicht damit klarkomme was meine Frau von mir erwartet sollte ich mir eine andere suchen. Ich denke schon dass es Geschlechterunterschiede gibt, aber ich glaube nicht dass es zwei Lager gibt, die sich gegenseitig bekriegen, das ist ein Mario Barth – Stereotyp.
    Gerade der Beitrag von Männern zum Familienleben hat nichts mit Feminisierung zu tun sondern ist wichtig um der zunehmenden Feminisierung entgegen zu wirken, die sich hauptsächlich darauf begründet dass Jungs immer mehr nur von Frauen erzogen werden und männliche Rollenbilder fehlen.
    Im Übrigen finde ich Männer in Röcken sexy, was das für deine Argumentation bedeutet lasse ich mal offen… :-)

  7. Ich hoffe sehr, Du bleibst am Ball mit Deinem Blog. Es gibt echt gute Beiträge hier und eine rege Beteiligung der Besucher. Wäre schade, wenn das wieder versickert, genau wie bei so vielen anderen Blogs. Blogs haben in Deutschland leider nicht so eine Tradition wie in den Staaten, um so besser, dass es so etwas im deutschsprachigen Netz gibt.

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