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Kintaro

Freitag, November 20th, 2009 | Author:

Anfang des Jahrtausends (also schon einige Jahre her) hochgelobt im Sushi World Guide, rühmt sich das Kintaro – Kölns ältestes japanisches Restaurant – seiner vielen prominenten Besucher, allen voran Michael Schuhmacher und Jon Bon Jovi. Wie repräsentativ diese Herren für den durchschnittlichen Sushifreund sind, ist nicht wirklich klar, aber bei einer Einladung stellt sich diese Frage wohl auch nicht. Die Berühmtheiten hatten Kleidungsstücke und Fotos hinterlassen, die nun die Wände “zierten”. Das Wissen, dass Rennfahrer in ihre Anzüge pinkeln, ist nicht gerade appetitfördernd, und dekorativ ist anders.

Aber alte Kölner Urgestein-Restaurants haben wohl ihre Eigenheiten, und das muss man nehmen wie es ist. Leider hatte der Laden ansonsten eher wenig Eigenheiten, und die sonstige Einrichtung darf man mit gutem Gewissen als lieblos bezeichnen. Japanische Restaurants neigen zu spartanischer (äh…japanischer – ihr wisst schon) Einrichtung, doch in diesem Fall erinnerte das Ambiente eher an eine bessere Kantine mit Kissen. Einfache, zerkratzte Holztische, leicht ungepflegte Toiletten ohne jeglichen hygienischen Komfort, die Karten handgeschrieben und laminiert ohne jeglichen Stil, und der Farbanstrich an der Wand hatte auch schon gelitten. Aber bei so gutem Essen, wie es angepriesen wurde, kann man wohl über so etwas hinwegsehen, oder?

Ich bestellte meine vielgeliebten Kürbismaki als Vorspeise, und als Hauptgericht Ente für 12 €, dazu Reis, für den nochmal ein extra Obulus verlangt wurde. Das Sushi begeisterte mich nicht gerade. Es war warm (aber nicht frisch, da durchgewärmt) und der Seetang trocken und gummiartig. Das Wasabi war direkt mit eingerollt worden, was zwar der Tradition entspricht, aber heutzutage eigentlich nirgendwo in Deutschland gemacht wird, weil es eben Leute gibt, die keine Wasabi mögen. Die kleine Portion Ente kam mit einer Salatbeilage, die aus einfachem Blattsalat mit ein paar Möhrenstreifen bestand. Kulinarisch auf Kantinenniveau. Das Fleisch war qualitativ sehr hochwertig, doch leider noch sehr englisch (tja, das mit den Kulturen…) und deswegen eine echte Herausforderung für die Kauleiste. Für mehr als dreizehn Euro, die winzige Reisportion mitgerechnet, ziemlich enttäuschend.

Io nahm gegrillte Dorade. Der Fisch war absolut köstlich und wundervoll gewürzt. Leider entsprach die Portion einem Appetizer und der Preis einem Hauptgericht. Da wir immer noch vom Hunger geplagt wurden , bestellten wir Tempura – Shrimps im Mehlteig gebacken. Für schlappe 17 € bekamen wir einen Teller mit sechs großen Shrimps und einigen Gemüsestücken. Die Tempurahülle war mehlig und nur leicht knusprig – alles in allem lecker, aber nicht umwerfend. Mein Stiefvater, der restlos begeistert und mit ungeübter Hand versuchte, seine Stäbchen zu kontrollieren, hatte ein Menü bestellt. Das Menü war mit unter 30 Euro verhältnismäßig günstig, das Essen völlig Ordnung. Einzige Highlights waren die Suppe und das Grüntee-Eis zum Schluss.

Der Laden war proppenvoll, der Service nett, aber gehetzt und nicht sehr aufmerksam. Die deutsche Herrin des Ladens stand am zentralen Anlaufpunkt direkt neben unserem Tisch und bemühte sich majestätisch, alles unter Kontrolle zu halten. Ich fragte mich Folgendes: Wenn der Laden schon so lange so gut läuft, dann hätten bei den Preisen doch mal eine Grundsanierung drin sein müssen, oder?

Fazit:

Man hatte den Eindruck, dass dieser Laden schon sehr lange routiniert und mit Erfahrung geführt wird, dass das Hauptaugenmerk jedoch nicht auf der Zufriedenheit der Kunden liegt, sondern darauf, dass es halt irgendwie läuft, und dass im Laufe der Zeit die Liebe zum Detail, der Wunsch nach Optimierung und das Hinterfragen von Gegebenheiten auf der Strecke blieben.

So wie wir es erlebt haben ist das Kintaro völlig überschätzt. Wer nicht so häufig japanisch isst und Michael Schuhmacher und HP von Scooter als Beispiele für guten Geschmack sieht, mag sich hier wohlfühlen. Fakt ist jedoch, dass man woanders für das gleiche Geld deutlich besser (und mehr) essen kann, und das bei besserem Service, stilvollerem Ambiente und angenehmerer Atmosphäre.

Category: Essen, Restaurantkritiken | 7 Comments

Lebenslauflüge

Montag, Oktober 05th, 2009 | Author:

Wir haben neulich das erste Mal einen chinesischen Lieferservice aus der Umgebung wahrgenommen, und wollten den Abend in tiefer Entspannung mit glutamatverzückten Geschmacksnerven vor einem spannenden, nervenzerfetzenden Film verbringen. Das verhältnismäßig teure Essen schmeckte – o-ton Io – wie eingeschlafene Füße, der Film war genauso mittelmäßig. Das Honiggebäck vom Türken als Nachspeise konnte zumindest den Restabend dann noch retten…

Gestern beschlossen wir es richtig zu machen. Also haben wir selbstgewählten Wein mit feinem Sushi kombiniert, unseren Kamin angemacht und uns mit dem Essen auf ein paar Schaffelle davor gefläzt… jetzt riecht unsere Wohnung zwar nach Lagerfeuer, aber das ist es in jedem Fall wert!

Da wir chinamäßig jetzt ja etwas enttäuscht wurden sind wir quasi gezwungen auf Sushi auszuweichen, was etwas teurer ist. Damit das finanziell weiterhin drin bleibt suche ich mir nun einen neuen Nebenjob, heute habe ich bereits vier Bewerbungen rausgehauen. Problematisch ist dabei weniger das Anschreiben als vielmehr der Lebenslauf.

Mein Lebenslauf umfasst in seiner vollen Gründlichkeit mit allen Auszeichnungen, Qualifikationen, Joberfahrungen und so fort nämlich gute zwei bis drei Seiten. Natürlich lässt sich vieles einfach rauskürzen, aber man kann sich auch nicht mit der gleichen Formulierung wie für einen Masterstudiengang als Kassiererin bewerben. Ist es eine Lüge wenn man die Praktika im Medienbereich und Jobs als Produktionsassistenz weglässt und stattdessen die zweimonatigen Sommerjobs und das Jahr bei McDonalds als Arbeitserfahrung betont? Ist es eine Lüge wenn man aus zwei Monaten drei macht weil es einem auch so lange vorkam? Oder wenn man den Schulwechsel nach dem ersten Jahr weglässt weil er den Lebenslauf nur unübersichtlicher machen würde? Ist ein Lebenslauf nicht sowieso eine Riesenlüge wenn man einfach Dinge so drehen kann wie sie gerade passen?

Ich weiss es nicht, aber wahrscheinlich ist es (wie in vielen Fällen) einfacher als die reine Wahrheit. Außerdem bin ich geübt darin Dinge zu verdrehen, ich kann nämlich sehr schlecht lügen.

Category: Die ersten Tage in God-City, Essen, Job | 2 Comments