Home

Archive for the Category » Die ersten Tage in Rock-City «

Hasse kalt, Kind?

Montag, Februar 02nd, 2009 | Author:

“Ich hab kalt. Bei uns ist grade zwölf Grad.” sach ich. “Was? Das ist doch lecker warm!” sagt die andere, “da beschwerst du dich? Bei uns isses drei Grad!” Sach ich: “Ja, bei uns draußen auch. Ich sprech von der Raumtemperatur in meinem Zimmer.”

Vor über einem halben Jahr wurde in unserer schnuckeligen kleinen Wohnung ein hypermoderner Temperaturregler für unsere hyperunmoderne Gasheizung installiert.  Beide tuen ihren Dienst gemäß ihrer Veranlagung, wenn man sie lässt. Wenn man jedoch einen kleinen Schalter drückt,  ist die Heizung komplett aus. Meine Mitbewohnerin  ist ein temperaturresistenter Kaltblüter, was ich ihr verzeihe, und spart gerne Energiekosten, was ich grossartig finde. Statt jedoch den Temperaturregler zu bedienen, der sogar eine Ferienfunktion hat, falls man mal für ein paar Tage weg ist, und jeden Tag drei verschiedene Zeitphasen zulässt, wobei jeder Wochentag einzeln programmierbar ist, die auf Knopfdruck aber auch übersprungen oder bis zur nächsten Phase manuell einstellbar sind, der eine Frostschutzssicherung bei 5 Grad eingebaut hat und eine Eco-Funktion  die eine selbstprogrammierbare energiesparende Minimaltemperatur von beispielsweise 16.5 Grad hält, statt also diesen Temperaturregler zu bedienen legt sie den Schalter um und schaltet die Heizung aus. Bumm.

Das ist der Grund warum es bei uns in der Wohnung 12 Grad ist wenn man zwei Tage nicht da war und warum es, selbst wenn man da ist, morgens ungefähr 15 Grad sind.  Die Heizung braucht ungefähr zwei Stunden durchgängiges Heizen um das ganze System wieder auf Betriebstemperatur zu bringen, ganz zu schweigen von den ausgekühlten Böden und Wänden.

Theoretiker der vergangenen Jahrhunderte (war es Rousseau oder John Locke? Meine Güte, ich hab das doch studiert!) waren der Überzeugung, dass es die Kälte ist, die den rationalen Charakter der nordwestlichen Kulturen geprägt hat. Dadurch dass das Blut nicht so in Wallung kommt  ist man wohl nicht so reizempfindlich und  das Hirn arbeitet besser, so die Theorie. Vielleicht kann ich ja so die schwierige Entscheidung über meinen Ende des Jahres anstehenden Masterstudiengang trefflicher und rational fundierter treffen, wo meine Sinne ja quasi eingefroren sind… Ich muss euch in diesem Zusammenhang etwas Trauriges mitteilen: Kaum bin ich in Rock-City angekommen, alle Heimatliebe hat mir nichts genutzt, denn ich musste nach und nach widerstrebend und gewaltsam einsehen, dass ich für meinen Master nicht hierbleiben kann. Ich muss wieder weg. Wohin weiss ich noch nicht, wie weit weiss ich noch nicht und wozu weiss ich auch noch nicht…

Das Schlimmste daran ist: Ich bin ein Planer, am liebsten würde ich jetzt schon den Möbelwagen bestellen und “ODDA” wieder abbauen, meine ganzen Sachen gar nicht erst auspacken… eine Sorge weniger, aber was hätte mir Australien gebracht wenn nicht die Entspanntheit in den Tag hineinzuleben, wie es auch mein Freund macht, der auch nach anderthalb Wochen immer noch geduldig darauf wartet dass sich irgendjemand darum besorgt dass er wieder warmes Wasser bekommt? Ich entspanne mich also. Man sagt ja auch immer dass man die Muskeln entspannen soll, damit dass Blut besser fliesst, sich nicht gegen die Kälte verkrampfen. Hmmmpft! :-)

Category: Die ersten Tage in Rock-City, Home sweet Home, wies so geht | One Comment

IKEAMAZONE

Freitag, Januar 30th, 2009 | Author:

“Du bist ‘ne ganz schön coole Sau!” sagt der Typ, der mir auf einem sonst recht einsamen und dunklen Parkplatz irgendwo an der holländische Grenze auf den dezenten Hinweis seiner Freundin hin angeboten hat, meinen neu erworbenen Kleiderschrank “ODDA”, 200×219 cm, in mein Autolein zu laden. “Und wir haben uns Sorgen gemacht ob wir 175 cm in den Ford kriegen!” Dreistigkeit siegt, hatte ich mir gedacht als ich kurzentschlossen den Kauf beging, und zur Not kann man mit ein bisschen Wimpernklimpern auf den selbstlosen Einsatz höllandisch-schwedischer Möbelhausmitarbeiter vertrauen. Wie heisst es ausserdem so schön: Was nicht passt wird passend gemacht. Schliesslich schaffen wir es tatsächlich, die drei Pakete, von denen jedes ungefähr das Gewicht von anderthalb amtlichen Leichen hat, ins Auto zu verladen. Selbst der Kofferraum geht ohne Mucken zu, dafür bleibt das Fenster auf, und das bei muckeligen 2 Grad Celsius. Gelobt sei das Heizgebläse! Ein Glück ist es auch wenn man gute Freunde hat die ausserdem noch Nachbarn sind und einem auch schon mal helfen Pakete mit zerstückelten, verleimten Baumleichen durch den Hausflur zu tragen.

Männer sind grundsätzlich nicht in der Lage, IKEA-Möbel selbst zu montieren. Ich habe mit drei verschiedenen Männern Ikea-Betten aufgebaut (es war nicht immer mein Bett und nicht immer mein Freund, damit hier keine falschen Gedanken aufkommen) und es war jedesmal eine Katastrophe. Aus versierten Heimwerkern werden plötzlich ungeduldige, unpräzise und selbstgerechte Kinder. Meist liegt es daran, dass Mann sich standhaft weigert, sich von einem Stück Papier vorschreiben zu lassen, was er zu tun und zu lassen hat. Dies führt dann dazu, dass folgenschwere logische Fehler im Aufbau des Möbels erfolgen, die es  schliesslich notwendig machen, dass man das komplette Ding wieder abbaut und dann wieder neu aufbaut.

Also, nur ich und die Bauanleitung. Nach einem gründlichen Studium derselben beschloss ich, zunächst einmal die Schrauben zu sortieren und dann zu sehen wie weit man wohl alleine kommen könnte. Nach vier Stunden gemütlichen Schraubens, Steckens, Hebens und Schiebens zu lauter Musik und ohne das Genöle irgendeines Kerls stand dann ein vollständiger Kleiderschrank vor mir. Ich hatte nicht gedacht dass Möbelaufbauen so unproblematisch sein könnte! Zwar kann ich jetzt kaum noch meine Arme heben aber ich habe gesiegt.

Category: Die ersten Tage in Rock-City, Fast Wichtiges | Leave a Comment

Dunkle Tannen, grüne Wiesen im Sonnenschein…

Freitag, Januar 23rd, 2009 | Author:

…Heidi, Heidi! Was brauchst du noch zum Glücklichsein?

Auf den vielfachen Wunsch einer einzelnen Person wird dieser Blog selbstverständlich weiterhin geführt und darf auch weiterhin den Titel Heimatschreibweh tragen weil das ein guter Titel ist und Heimat, Schreiben und Weh universell interpretierbare Wörter sind. Auch werde ich weiterhin nicht von überlangen Sätzen mit vielen Klammern, Abscheifungen und Pünktchen Pünktchen Pünktchen (Pünktchen, was für ein schönes Wort…) absehen.

Wie ihr euch denken koennt ist meine literarische Untreue vor allem dem organisatorischen und emotionalen Chaos um mich herum zu verdanken. Ein nicht unentscheidender Faktor ist dabei die Verbindung zum Zwischen-Netz (oder Internet), ohne dass man in der heutigen Gesellschaft (in kulturwissenschaftlichen Kreisen gerne auch “Network Society” genannt) kaum noch ein vernünftiges soziales Leben führen kann. Ich wüsste nicht wo ich die Nummer von meinem Zahnarzt herbekommen sollte, hätte ich kein Internet…

Ihr seht, ich bin wieder zurück, und werde völig unanständig und hemmungslos überflutet und belagert von Bürokratie,  Papiergedöns, tausend verpasster eMails mit Todeslinien (zu gut deutsch deadlines…), genannten Notwendigkeiten wie Zahnarztbesuche, neue Kleiderschränke (in meinen Koffer passte doch mehr als erwartet :-) ) und einem frustrierten Freund der unfreiwillig dazu gezwungen wurde sein Warmduscherleben aufzugeben bis irgendwann in ferner Zukunft mal ein Klempner Zeit hat. “Ich bin Klempner von Beruf – ein Dreifach Hoch dem der dies goldne Handwerk schuf…”

Aber das alles ist es nicht was eine Heimkehr so seltsam macht. Seltsam ist, dass man plötzlich wieder alles kennt, plötzlich wird man völlig unvorbereitet mit voller Breitseite von Erinnerungen und damit verbundenen Gefühlen einfach weggemoscht. (Für die älteren Herrschaften ein bisschen Wortkunde: Das Wort “weggemoscht” kommt vom Verb “moschen” und ist ein Slangwort das sich vermutlich aus den aggressiv-alternativen Subkulturen entwickelt hat. Die ethymologische Bedeutung leitet sich von der Praxis ab, bei Konzerten einen betont grobmotorisch individuellen Tanzstil zu führen und dabei gleichzeitig sehr viel Körperkontakt zu suchen und ist in etwa gleichzusetzen mit “gewaltsam aus der Bahn werfen”)

Wenn man woanders ist, zum Beispiel in Australien, fällt einem gar nicht auf was man alles NICHT kennt. Alles ist ein unbeschriebenes Blatt Papier. Aber wenn man wieder nach Hause kommt ist alles mit Erinnerungen verbunden und man steht plötzlich vor einer völlig vollgekritzelten Seite mit der Gefühlsgewalt eines Kneipenklos. Man ist überall schon gewesen, und jahrealte Erinnerungen sind mit so vielen Plätzen und Wegen verbunden, dass man gar nicht weiss wohin man gucken soll. Und erst dann fällt einem auf, wie frei man eigentlich war… Aber ich will mich nicht beschweren. Schliesslich ermöglicht es der Abstand einem endlich mal, die alten Nummern aus dem Telefon zu löschen, die alten Klamotten wegzuwerfen, die Freundschaften aufleben zu lassen die es wert sind und die Orte zu besuchen die man so lange übersehen hat!

Category: Allgemeines, Die ersten Tage in Rock-City, wies so geht | Leave a Comment