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Archive for the Category » Weisheiten aus dem Löffel «

Zen

Mittwoch, Juli 27th, 2011 | Author:

Wenn ich eine Religion oder Ähnliches ausüben würde, dann wäre das wohl Zen-Buddhismus, aus den naheliegenden Gründen: Wenig dogmatische Regeln, wirksam gegen Stress und die egomanen Tendenzen unserer Gesellschaft, naturnahes Weltbild. In meiner schönen Stadt gibt es sogar einen Verein, in dem man Zen-Buddhismus lernen und praktizieren kann. Leider konnte ich mich noch nicht dazu durchringen, an einem Montag Abend dort hinüber zu gehen und mich 3 x 25 Minuten bewegungslos irgendwo hinzusetzen, dazwischen Tee zu trinken und im Kreis zu laufen. Das tut nämlich erstens weh (und ich spreche aus Erfahrung) und ist äußerst anstrengend, wenn auch fraglos von extraordinärer Wirksamkeit.

Dabei hilft nicht, dass der Verein quasi direkt vor meiner Haustür ist, weil ich jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, daran erinnert werde dass ich es noch nicht geschafft habe mich mal zu dieser elementaren Erfahrung zu überwinden, obwohl ich es sicher mal nötig hätte. Gestern habe ich das erste Mal Menschen vor der Tür dort warten sehen. Zwei Männer mittleren Alters, mit Regenschirmen in der Hand, im lockeren Gespräch. Ich legte ein heiteres Lächeln auf, um zu beweisen, dass ich auch ohne montägliche Sitzrunden im Geiste dazu gehöre und ja, möglicherweise auch schon aus eigener Kraft den Zustand heiterer Ruhe erreicht habe. Um meine innere Gelassenheit und mein Einssein mit der Welt zu demonstrieren hob ich mein Gesicht sanft lächelnd gen Himmel in den Regen. In diesem Moment stürzte ein brombeergroßer Regentropfen aus Kilometerhöhe direkt in mein linkes Auge, das ich daraufhin panisch zusammenkniff, dabei mit einer ungelenk schleudernden Bewegung meines Oberkörpers den Schutz meines Gesichtes veranlassend, um dann mit drei irritierten Hüpfern um die Ecke zu verschwinden, während die Zen-Männer mir unter ihren Regenschirmen stehend verwirrt nachsahen.

Vielleicht bin ich noch nicht bereit für Zen.

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Filosofisches zur Musik

Dienstag, Juni 22nd, 2010 | Author:

Musik zu machen ist vergleichbar damit, eine Beziehung zu einem anderen Menschen zu führen. Wie die Liebe zu einem Menschen kann auch die Liebe zur Musik nur eine bedingungslose Liebe sein. Man findet nur dann sein Glück in ihr, wenn man voller Ambition und frei von jeder Erwartung an sie herangeht. Viele Menschen machen Musik um berühmt zu werden, oder erhoffen sich von einer Beziehung, durch den anderen erhöht zu werden. Sie sind enttäuscht wenn es nicht klappt, während wieder andere ganz ohne Ambition sind, sie stecken nicht genug Seele und Kraft in diese Beziehung und beginnen irgendwann sich zu langweilen.

Man braucht Leidenschaft und gleichzeitig viel Geduld. Es braucht ungestüme, gewaltige Emotionen um der Liebe die Töne zu entlocken, die sie lebendig machen und sie zum sprechen bringen. Doch nicht immer bekommt man das, was man fordert, der Ton ist zum xten mal daneben gegangen und was man hört entspricht nicht den eigenen Erwartungen. Ohne Geduld endet man damit den Geliebten/die Geliebte zu verfluchen und zumindest wenn es sich um ein Instrument handelt selbiges gegen die nächste Wand zu werfen und zu zertrümmern.

Man muss lieben mit Willensstärke und Disziplin, und doch muss man sich leiten lassen von seinen Gefühlen. Mit Willensstärke ist gemeint, dass es manchmal notwendig ist, dem Instrument seinen Willen aufzuzwingen, nicht nachzugeben und um die Liebe zu kämpfen. Gleichzeitig muss man aber auch in der Lage sein, dem anderen zu vertrauen und sich leiten zu lassen. Man muss mit Disziplin tausendmal die gleichen Töne spielen, den Abfall raustragen, unbeirrbar weiter gehen und überhaupt willens sein auch dann zu lieben wenn es gerade schwierig ist, die Lust eine Weile nachlässt oder andere Dinge wichtiger erscheinen. Dies darf aber nicht dazu führen, dass man in der Routine untergeht und mechanisch Tonleitern und Liebesschwüre herunterbetet. Nein, man muss seinen Gefühlen nachspüren und auch in die kleinen Dinge Liebe hineinlegen.

Doch die Liebe braucht noch mehr. Man braucht das Selbstbewusstsein um Grenzen zu überschreiten, Dinge zu fordern und man muss zugleich in der Lage sein die eigenen Fehler einzugestehen und an sich zu arbeiten. Wenn man vor einem Instrument sitzt und sich sagt: “Das kann ich nicht, ich bin schlecht und habe es ja auch gar nicht verdient dieses tolle Instrument zu spielen…” ja, da würde sich wohl jede Gitarre mitleidig abwenden und nach einem Musiker suchen, der bereit ist es mit ihr aufzunehmen. Auch reicht es nicht, zufrieden mit dem zu sein, was man bekommt, sonst bleibt der Klang der Liebe wie der klägliche Vortrag eines Blockflötenaspiranten, und die Gewalt der Oper bleibt denen vorbehalten, die sich wagen danach zu streben. Doch Symphonien können auch nur entstehen wenn man an sich arbeitet und wenn man seine Fehler anschauen kann ohne dabei den Glauben an sich selbst aufzugeben.

Ich werde jetzt Lasagne essen und danach meiner Gitarre ein paar zärtliche Töne entlocken…

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Thermodynamisches Aufräumen

Donnerstag, April 29th, 2010 | Author:

Manchmal kommt Io nach Hause und alles scheint (!) vollkommenes Chaos zu sein. Schränke stehen offen, Lichter brennen, es stehen Eimer in der Badewanne, Klamotten türmen sich auf Bergen auf und ich sitze mittendrin und sortiere Bilder (oder so). Die Sache ist jedoch die, dass Io einfach ignorant ist, was wissenschaftliches Arbeiten angeht, und vor allem die Gesetze der Physik scheinen ihm sehr egal zu sein.

Aufräumen ist nämlich thermodynamischer Unsinn. Das sagte schon unser Physiklehrer damals immer. Das liegt daran, dass nach dem Entropiegesetz eine hohe Konzentration von Teilchen an einem Ort ein instabiles System darstellt, und je zufälliger und gleichmäßiger die Sachen verteilt sind, desto stabiler ist das System. Haben Sie zum Beispiel schonmal versucht, kleinere Gegenstände wie Haarklammern, Heftzwecken, oder Kullis für längere Zeit an einem Ort aufzubewahren? Richtig, es geht nicht. Die Entropie sorgt dafür, dass sie sich immer wieder gleichmäßig im Raum verteilen, und man dann plötzlich an den seltsamsten Stellen  Haarklammern findet.

Wenn ich jetzt also hinginge und ganz plötzlich alles aufräumen würde (was ich hin und wieder tue), dann fände quasi eine schockartige Entropieerhöhung statt und alles sähe binnen kürzester Zeit noch schlimmer aus als vorher, weil die Teilchen mit aller Kraft auseinander drängen. Daher räume ich die Dinge nach und nach auf: Im Badezimmer anfangen, alles kreuz und quer räumen, liegen lassen und woanders anfangen, so lange bis alles in einem gleichmäßigen stabilen und halbwegs ordentlichen Grundzustand ist.

Aber wie gesagt, Io versteht nicht viel von Physik und schüttelt deswegen regelmäßig den Kopf über das, was ich kreatives und thermodynamisch angepasstes Aufräumen nenne. Doch er verzeiht mir, weil ich ihm verzeihe dass er den Küchenschrank unpraktisch findet und deswegen alle Töpfe und Pfannen einfach auf die kleine Holzstehleiter vor den Schrank stellt…

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Zaubertrank

Samstag, April 17th, 2010 | Author:

Krank sein ist ein fürchterlicher Zustand. Man sagt mir nach, dass ich bei einer Erkältung fast so wehleidig werde wie ein Mann. Krankheit verleitet einen zudem zu den absurdesten Verhaltensmaßnahmen und gedanklichen Verirrungen, wie hier nachzulesen ist. Früher habe ich mich hypochondrisch den Versprechungen der Pharmaindustrie anheim gegeben, doch nun habe ich die wirkungsvollste Behandlung  gefunden, die es gibt.

Man nehme morgens ein Gläschen selbstaufgesetzten Johannisbeerlikör – wir nennen ihn liebevoll “Zaubertrank”, da er besoffen machen, Krankheiten heilen und das Liebesfeuer entfachen kann – zur Anregung der Durchblutung und zur Zuführung von Vitaminen und wertvollen Antioxidantien. Abends hilft ein Gläschen kroatischen Schnaps zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen im Mundraum. Und schon ist man fast wieder gesund! :-)

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Dem Ingenör

Mittwoch, März 17th, 2010 | Author:

…ist nichts zu schwör.

Es gibt Psychologen, die sich ausschließlich mit den psychischen Problemen beschäftigen, die von Technik verursacht werden. Kein Witz. Meistens arbeiten solche Leute dann aber für die Technikhersteller, damit so etwas gar nicht erst passiert. Allerdings scheint der Forschungszweig noch nicht besonders erfolgreich zu sein, da ich am liebsten täglich irgendeins meiner technischen Geräte gegen die Wand klatschen möchte.

Die einzige Befriedigung, die technische Geräte bieten, ist wenn man es für einen Augenblick lang schafft, sie zu kontrollieren. Vorgestern habe ich es zum Beispiel geschafft, meine Fotokamera mit einer stinknormalen Universalfernbedienung aus dem vergangenen Jahrtausend auszulösen.

Ich gehe ja nicht zum Fotografen. Wer musste nicht schon einmal Bewerbungsfotos machen lassen, wo irgendein Depp ein paar Mal auf den Auslöser drückt und man sich dann von vier doofen Bildern eins aussuchen muss. Wenn man kein Vermögen ausgeben will, muss man das Ganze hinterher auch noch selbst einscannen.

Also habe ich das Wohnzimmer in komplettes Chaos versetzt um ein Fotostudio zu bauen: Schreibtisch inklusive Kabelgedöns als Stativersatz, Sessel mitten in den Raum vor das Fenster geschoben um weiches Licht zu bekommen, die Stehlampe auf einen Karton hinter den Sessel für ein paar schöne Reflexe und eine komplette Wand als Hintergrund freigeräumt. (Das war nicht so schwer, da dort immer noch eine unsägliche Lücke klafft, deren absurde Geschichte in “Das Klavier und der Hund” nachzulesen ist)  Einziges Problem: Wie schafft man es, in den fünf Sekunden, die einem der Selbstauslöser gibt, über all die Kabel zu klettern und sich entspannt symphathisch lächeln genau vor dem Sucher zu platzieren?

Gar nicht. Irgendwelche Bastler aus dem Internet behaupten, die Infrarotschnittstelle lässt sich auch mit einer Universalfernbedienung ansteuern, so wie damals bei den ganzen Autos als die ersten Fernbedienungselektroniken aufkamen. Ich probiere eine dreiviertel Stunde mit unserem alten Teil herum, aber es funktioniert nicht. Als plötzlich die Kamera unerwartet losgeht fliege ich vor Schreck vom Sessel. Dementsprechend grossartig ist das erste Foto… ich habe schon überlegt mich damit zu bewerben.

Der Triumph über die Technik hielt nur so lange an, bis ich das Wohnzimmer wieder aufräumen musste, und nun möchte ich am liebsten mein neues Handy vierteilen. Und dennoch. Meine Mama sagte einmal zu mir: “Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen.” Und da hatte sie völlig recht.

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Ein neuer Anfang

Mittwoch, Februar 03rd, 2010 | Author:

Das Problem beim Bloggen ist, dass man im Grunde doch nicht schreiben kann, was man will. Zumindest dann nicht, wenn Freunde, Kollegen und Verwandte die URL kennen. Es ist auf keinen Fall so, dass ich das Bedürfnis hätte, tüchtig über alle meine Lieben herzuziehen oder öffentlich in die Tiefen meines Sexuallebens abzutauchen. Nur muss man selbst über die kleinsten Kleinigkeiten Stillschweigen bewahren, da sich sonst jemand auf die Füße getreten fühlt.

Wenn man zum Beispiel zum Tee besucht wird, gibt es Frauen, die beim Reden den Faden des Teebeutels ein Dutenzendmal um den Henkel der Tasse wickeln. Statt nach drei Stunden Quatschen und sieben Tassen Tee das Zeug einfach in die Spülmaschine zu stellen, ist man anschliessend noch eine halbe Stunde beschäftigt, die Teebeutel wieder abzuwickeln. Darüber darf man sich dann aber nicht amüsiert schriftlich äußern, da betreffende Freundin sofort weiss, dass sie gemeint ist, und unglaublich beleidigt ist. Beteuerungen, dass man das Ganze eher allgemein gemeint hat und sich wirklich nicht daran stört und deswegen auch nichts gesagt hat und überhaupt nichts lieber tut als mit ihr stundenlang Tee zu trinken und sowieso selbst schuld ist wenn man seinen Gästen ollen Beuteltee vorsetzt, werden nicht akzeptiert und man darf hinfort seinen Tee alleine trinken.

Wenn es also schon so ist, wie soll man dann die Teebeutelfäden des eigenen Lebens, die wirklich wichtigen Dinge, die einen bewegen und dem Leben neue Wendungen geben, literarisch entwirren ohne anzuecken oder sich blosszustellen? Und doch sind für diesen Blog und den geneigten und mir unbekannten oder bekannten Leser doch gerade diese Dinge am wertvollsten. Deswegen soll es im nächsten Eintrag einen kleinen Einblick in meine Spülmaschine geben, auf das was gewesen ist und noch kommen mag.

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TV

Dienstag, Dezember 15th, 2009 | Author:

“I think life should be more like TV. I think all of life’s problems ought to be solved in 30 minutes with simple homilies, don’t you?

I think weight and oral hygiene ought to be our biggest concerns.

I think we should all have powerfull, high-paying jobs, and everyone should drive fancy sportscars. All our desires should be instantly gratified.

Women should always wear tight clothes, and men should carry powerful handguns. Life overall should be more glamorous, thrill-packed, and filled with applause, don’t you think?

Of course, if life was really like that, what would we watch on TV?”

Watterson (1989), The Calvin & Hobbes Lazy Sunday Book. Universal Press Syndicate

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Reinkarnation

Montag, November 23rd, 2009 | Author:

“Dieses Leben ist eines der Schwierigsten.” sagt meine Mutter gerne und lächelt dabei. Sie geht einer therapeutischen Arbeit nach und muss es wissen. Da sie daran glaubt, dass wir mehrere Inkarnationen durchleben, könnte man aus diesem Satz deuten, dass die anderen Leben, die man hatte oder haben wird, einfacher wären. Aber das ist – abgesehen von den Leben in denen wir Gänseblümchen sind – natürlich Unsinn. Sie sagt es mit einem Augenzwinkern, weil einem jedes Leben, unabhängig wie gut oder schlecht es einem objektiv geht, gerade als das Schwierigste erscheint, und das ist – von einer gewissen Distanz betrachtet – durchaus komisch und auch tröstend.

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