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Zu Hause !?

Mittwoch, Oktober 08th, 2008 | Author:

Hurra, ich bin wieder zu Hause und habe so etwas wie Internet! Ich kam in Sydney an und war fasziniert. In Darwin ist die Luft heiss und schwer, es duftet dunkel nach rauchigem Holz, Schweiss, Chlor, Mangos, wilden Blüten und aus den Kneipen nach abgestandenem Rauch und Bier. In Sydney ist die Luft frisch, eine leichte, beschwingte Brise mit verschiedensten Nuancen von Dueften von exotischem und vertrautem Essen, Asphalt und Sehnsucht. Der Geruch von Sydney erinnerte mich an meine erste Ankunft hier, verwirrt, wir gerade aus einem Gulli aufgetaucht in einer fremden Welt, und doch war alles auch vertraut jetzt.

Trotz meiner Freude moechte ich jedoch nicht den Eindruck erwecken dass Darwin schlecht war. Gerade in den letzten Tagen haben R. und ich versucht dem Backpackertrott zu entgehen und die ganzen kleinen Sehenswuerdigkeiten Darwins auszukosten.

o-ton folgendes Gespraech:

Verbranntes Maedchen mit glasigen Augen und Bierbauch: “Darwin ist total langweilig.”

Ich: “Ach echt? Was hast du denn schon alles gemacht?”

Maedchen: “Kakadu Nationalpark und Litchfield Park und die Sunset Markets. Ansonsten gibts hier ja nichts.”

Ich: “Hm. Warst du denn schon im botanischen Garten? Oder im Darwin Museum? Oder im Deckchair Cinema? Oder in Fannie Bay?”

Maedchen, etwas betreten: “Hm, nö.”

Ricarda und ich haben das meiste am letzten Tag gemacht, da wir sowieso schon um zehn aus dem Hostel auschecken mussten und viel Zeit totzuschlagen hatten. Als wir am Bus saßen hielt ein vollbesetztes Polizeiauto an, um den neben uns sitzenden Herren penibelst wegen seines oeffentlichen Alkoholkonsums zu verwarnen. Das war mir ein bisschen peinlich, weil ich eigentlich ziemlich neidisch auf sein eiskaltes Bier gewesen war. R. hat eine erwiderte Schwaeche fuer Polizisten, weswegen wir dann im Kaefig hinten mitfahren durften. Es gibt nichts Besseres bei 40 Grad als frischer Fahrtwind! Die Ordnungshueter fuhren uns netterweise bis vor die Pforten des Botanischen Gartens, wo wir uns ein Picknick im Regenwald goennten.

Anschliessend besuchten wir die Indo Pacific Marine Exhibition, wo es ein lebendes Korallenriff und jede Menge grossartiger Lebewesen gab. Der Eintritt war schweineteuer, aber der Typ der uns alles erklaerte war sehr engagiert und hatte unglaublich viel zu erzaehlen. Am nettesten fand ich den Steinfisch, der aussieht wie ein uralter zerkluefteter Stein in Fischform und der ziemlich giftig ist. Auf dem Steinfisch wachsen sogar Pflanzen, weil er sich kaum bewegt und nur faul rumliegt und vorbeikommende Fischlein frisst. Am schoensten fand ich den Lionfish.

Am interessantesten war allerdings der Anglerfish. Das ist ein Fisch der aussieht wie der Steinfisch, nur ein bisschen gruener und evolutionaer gesehen auf dem Weg zum Amphibium. Da gibt es nur Weibchen von, weil die Maennchen zu Beginn der Geschlechtsreife ein Loch in den Weibchenkopf bohren, hineinkriechen und sich dann an deren Blutkreislauf andocken. Das Maennchen lebt quasi im Kopf des Weibchens drin. Da gilt die Ausrede “Ich hab Kopfschmerzen.” wohl nicht…

Abends waren wir dann im Deckchair Cinema, ein Open Air Kino direkt am Meer. Dort musste man sein Handy ausstellen, allerdings weniger wegen dem Film als um die dort wohnhaften Fledermäuse nicht durcheinander zu bringen. Fürderhin wurde am Anfang des Films darauf hingewiesen dass man sein Essen nicht auf den Boden stellen sollte falls man es nicht mit den ebenfalls dort wohnhaften Oppossums teilen wolle. Haben aber leider keins gesehen, veilleicht weil der Film ueber Dschingis Kahn, atmosphaerischerweise von etwas Wetterleuchten begleitet, so fesselnd war.

Unser Shuttlebus zum Flughafen sollte um 23 Uhr gehen. Es war immer noch so heiss dass einem staendig der Schweiss am ganzen Koerper klebte, zudem waren wir den ganzen Tag unterwegs gewesen und hatten eine 10-stuendige Odyssey vor uns. Leider hatten sie im Hostel, wo unser Gepaeck noch lagerte, gerade frisches Chlor in den Pool gekippt, so dass wir nicht mal die Chance auf eine kleine Abkuehlung hatten. Also saßen wir da und warteten, als es ploetzlich anfing wie aus Eimern zu giessen. Ich hatte eh vorgehabt mich fuer den klimatisierten Flug umzuziehen, und es gab nur einen kurzen Moment des Zoegerns ehe ich mich in den Regen stuerzte und pitschepatschenass freudig durch die Pfuetzen huepfte. Die perfekte Dusche… Wann bekommt man schon mal 38 Grad warmen Regen?

Wolken aus Flugzeugen sehen immer gleich aus, und doch jedesmal wieder ganz anders. Das Wolkenmeer sieht manchmal aus wie ein Salzmeer, ein anderes Mal wie Schnee. Jetzt, in diesem sanften Morgenlicht, war es definitiv Schlagsahne. Die Erde sah einfach aus wie ein riesiger knuspriger Windbeutel in frische Schlagsahne getunkt. Vielleicht war das auch nur meine ueberschaeumende Fantasie nach zwei Wochen mit der magenkranken R. die weder Pfeffer noch Knoblauch noch sonstirgendwas vertraegt was an ein ordentliches Essen gehoert. Aber das erklaert nicht was ich dann in diesem Gebirge aus Schlagsahne entdeckte, und was mich bis jetzt noch voellig aus dem Konzept bringt. Ich schwoere, dass ich es mit eigenem Auge gesehen habe: Durch die weissen Taeler schlaengelten sich nett und voellig unbeeindruckt von meiner Realität eindeutige Treckerspuren!

Vielleicht bin ich urlaubsreif.

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Kultur, mit Schock.

Sonntag, August 24th, 2008 | Author:

Es gibt Dinge, die Australien unnachahmlich liebenswert machen. Dazu gehoert, dass staendig und ueberall Troedelmarkt ist. Jeder Stadtteil, der was auf sich hält, hat einen eigenen Markt. Selbst Klein – Surry Hills, wo ich wohne, hat einen. Das Großartigste ist allerdings, dass auch Pubs sich berufen fuehlen an Samstagen strange Klamotten, Schmuck, Schuhe, alte Schallplatten und Tarotkartenleserinnen anzubieten. So kann man dann mit einem kuehlen Bier in der Hand und die hereinscheinende Nachmittagsssonne genießend durch alte Klamotten wuehlen. Und das, liebe Leser, ist, selbst wenn man das Bier weglässt, wunderbar.

Eine ähnliches Ding ist das mit den Cafe-Bookshops. Ich wundere mich seit Jahren schon, warum es in Deutschland so wenig alternative Kaffee-Konzepte gibt. Mit sechzehn habe ich Bilder und Pläne von einem Klamottenladen mit Cafe gezeichnet, und mich später gewundert dass ich nie etwas Ähnliches gesehen habe. Hier gibt es an jeder Ecke Buchladen-Cafes. Das Konzept ist einfach, es handelt sich um schicke bis ranzige kleine Buchhandlungen, die alle bis unter die Decke vollgestopft sind mit neuen, alten, wundervollen und seltsamen Buechern. Dazwischen stehen Tische und Stühle, Sessel und bisweilen Chaiselonguen (?) in allen moeglichen Formen und Größen, und je nach Schick bekommt man Tee, Kaffee, Muffins, Sandwiches oder gar ganze Menues serviert. Ist fuer das leibliche Wohl gesorgt und hat man sich zwischen Geschichte, Selbsthilfe,  Schmonzette, Gartenbau oder Politik entschieden, kann man sich irgendwo hinluemmeln und kleckernd und kruemelnd durch Buchseiten träumen. Dabei ist voellig egal ob man das Buch hinterher kauft oder nicht – eine Vorstellung die jedem anständigen deutschen Geschäftsmann den Angstschweiss auf die Stirn treiben würde, weswegen es sowas bei uns auch nicht wirklich gibt. Schade, eigentlich.

Dieses Wochenende hatte ich meinen ersten, richtigen Kulturschock! Nein, darauf war ich wirklich nicht vorbereitet. Das Haus war im Kino. Mit Haus meine ich unser Haus, also die Bewohner desselbigen, um genau zu sein. Mein Wochenbudget war schon arg ueberstrapaziert, aber ich wollte es mir nicht nehmen lassen meinen ersten Film in Australien – statt in karger Sneak-Preview Manier – mit ein wenig Luxus zu bereichern und die paar Dollar fünfzig für Popcorn herauszuhauen. Als ich mir In freudiger Erwartung buttersüßer Geschmacksexplosionen die erste Handvoll in den Mund stopfte, kruemmten sich meine Geschmacksnerven konvulsivisch zusammen und meldeten meinem Gehirn ein blinkendes ERROR! ERROR! Um mich herum taten alle so als wäre nichts. Sie mampften ihr Popcorn und fanden es nicht weiter schlimm, dass jemand Salz auf selbiges  gestreut hatte! Man bedauerte schmunzelnd meine enttäuschte Miene und versicherte mir, dass salziges Popcorn sowieso besser sei. Oh, dass ich allerdings doch ein arg Salziges erwischt hätte. Nach einem heimlich vergossenen Tränchen (entschuldigt, wenn es um Essen geht werde ich sehr emotional) habe ich mich dann doch an den Geschmack gewöhnt und sogar ein wenig Gefallen daran gefunden…

Es lief “You, the Living”, ein schwedischer Film, der netterweise in Originalsprache mit Untertiteln gezeigt wurde. Der Film war lahm und verwirrend und das Ende seltsam, aber trotzdem ein kleines Meisterwerk, grossartig! Ein typischer Arte Film. Die Bilder bleiben eine Ewigkeit bewegungslos stehen – meint man, bis einem ploetzlich auffällt, dass gerade etwas voellig Absurdes auf der Leinwand geschieht, ein kleines Detail, das man tatsächlich sekundenlang übersehen konnte. Fuer Liebhaber skandinavischer Filmkunst ein absolutes Muss!

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Drei Wochen Sydney

Samstag, August 09th, 2008 | Author:

  • Nach drei Wochen kann ich nun den australischen Akzent erkennen. Ein mancher mag denken: Was, erst nach drei Wochen? Doch es sollte gesagt sein, dass in Australien sehr, sehr viele Menschen leben, die komisch sprechen, und alle sprechen anders komisch.
  • Nach drei Wochen in Australien ist nun sonnenklar: In keinem Land der Welt ( ausser vielleicht Frankreich und Italien) gibt es besseres Brot als in Deutschland. Zuerst hatte ich Angst es gibt hier gar kein Brot, wie in Holland, ein Land das so nahe an Deutschland liegt und es trotzdem auf die Reihe bekommen hat sich jeglicher vernünftigen Brotbackkultur zu entziehen. Ich bin in Surry Hills in eine Bäckerei gegangen. Ich schwöre, das Brot sah von Weitem echt aus! Um ehrlich zu sein war es nach einer Woche trockener Lagerung erträglicher als zum Zeitpunkt der Erstehung. Nachdem ich mich bei meinen Mitbewohnern beschwert hatte, empfahl Moe mir einen Bäcker um die Ecke, der richtiges Brot verkauft. Die Schlange vor dem Laden, und die Preise die man in der Regel bei diesem Bäcker vorfindet erinnern mich an die Zeiten der Lebensmittelrationierung die ich nie erlebt habe… Aber das Brot ist tatsächlich zumindest in der Konsistenz dem deutschen Brot ähnlich, und wenn man viel Butter, Käse und Tomate draufmacht und die Augen schließt könnte man meinen es wäre ein richtiges Brot!
  • Wenn ihr je nach Australien kommt bringt viel Alkohol mit. Dat is düer hier.
  • Unser Haus wird komplett von innen gestrichen! Das ist grossartig, denn für horrende Mietpreise bekommt man hier trotzdem nur winzige, heruntergekommene Kaschemmen, und nun bekommen wir für nur wenige Tage unerträgliche Umstände ein fein renoviertes Haus, wo die Farbe hoffentlich nicht mehr schimmelnd von der Badezimmerwand abplatzt.
  • Das mit den Aborigines ist komisch hier. Da liegt in der Tat so Einiges im Argen… Es gibt ziemlich viele Ghettos wo “Indigenous Australians” leben, da traut sich nicht mal die Polizei hin. Was in Europa nicht so wirklich präsent ist, ist dass die Ureinwohner Australiens schon seit über 40.000 Jahren hier leben. Daran ist so einiges bemerkenswert: Zur Gattung Mensch gehörend stammen die Ureinwohner vom Affen ab, davon gab es aber ursprünglich in Australien keine, und Australien war schon immer eine Insel. Das bedeutet, dass die Aborigines schon 30.000 Jahre bevor irgendeine andere Menschenrasse überhaupt auf die Idee kam ein Boot zu bauen, die Seefahrt beherrscht haben müssen! Ganz nebenbei haben sie es sich auf dem so ziemlich ungemütlichsten Kontinent der Welt gemütlich gemacht und es geschafft unter den wirklich inhumansten Umständen eine funktionierende und florierende Kultur mindestens 40.000 Jahre lang am Leben zu halten. Das nenne ich in der Tat mal eine Leistung.
  • Meine Literatur zu Australien (“Downunder” von Bill Bryson) sagt zudem dass es nur einem unglücklichen Zufall zu verdanken ist dass Australien von den Briten und nicht den Franzosen zuerst besetzt wurde, was deswegen unglücklich ist weil diesem Kontinent, wie Bryson so schön sagt, 200 Jahre englische Küche hätte erspart bleiben können. Naja, zum Glück haben die vielen verschiedenen Einflüsse europäischer und vor allem asiatischer Kochkunst dann doch letztendlich zu einer sehr annehmbaren Esskultur geführt. Obwohl man das Restaurant “Löwenbräu” im Stadtteil The Rocks vielleicht meiden sollte…

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Park ist nicht gleich Park

Samstag, August 09th, 2008 | Author:

Donnerstag abend war eine große Party auf dem Campus. Eintritt 25 $. Ich bin nicht hingegangen und hab mir stattdessen vier Flaschen Wein gekauft. Ich sollte mich wohl nicht darüber beschweren wenn ich keinen Anschluss finde.

Freitag habe ich meine erste Vorlesung geschwänzt und bin in den chinesischen Garten gegangen. Der Garten ist flächenmäßig vielleicht halb so groß wie ein Fußballfeld, aber man kann sich stundenlang darin aufhalten. In einem kleinen Pavillon fand gerade eine Hochzeit statt, und ich blieb stehen um zuzusehen. Neben mir auf dem Mäuerchen saß eine Mutter mit Kinderwagen. Sie ass Kekse und fotografierte das Ganze als sei sie am Set einer Seifenoper und war sichtlich verärgert darüber, dass das Kind die Sache offensichtlich nicht besonders toll fand.

Heute mittag habe ich Nicole auf ihrer Joggingrunde begleitet, in den Park direkt neben dem Haus… Nein, nicht der sterbenslangweilige Park, sondern der riesige, wundervolle, eigentlich unübersehbare daneben! Tausend Tümpel und Seen, schwarze Schwäne, seltsame Vögel, knorrige Bäume
deren Äste bis auf den Boden hängen, Picknickbänke, schattige Alleen und alle möglichen Pflanzen, Palmen und Blumen. Aussenrum geht eine mehrere Kilometer lange Pferderennbahn, an der man sehr gut entlanglaufen kann. Also irgendwie muss ich das bei meinem letzten Spaziergang übersehen haben… Wenn alles klappt machen wir morgen ein dekadentes Picknick dort. Vorher findet allerdings der City Surf statt. Entgegen dem, was man vielleicht annehmen könnte handelt es sich nicht um eine Bootstour oder sonstige Wasserfahrt, sondern ein stinknormaler Stadtlauf, der allerdings um die 70.000 Leute anzieht.

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Kot

Mittwoch, August 06th, 2008 | Author:

Heute ist nichts passiert. Blogschreiben hat eine seltsame Komponente. Es ist befriedigender, wenn nichts passiert, denn dann kann man endlich schreiben, worüber man eigentlich schreiben will. Man ist nicht gezwungen schnöde Tatsachen abzuhaken oder exorbitante Erlebnisse kleinzuhacken und in konsumierbare Satzeinheiten zu pressen. Stattdessen kann man sich auf das konzentrieren, was hinter der Stirn passiert, und anfangen, ein paar ehrliche, echte Gedanken aufs Papier oder in den Äther zu bringen…

Es gibt Phasen im Leben, wo einen alles subtil ankotzt. Dieses stumpfe Gefühl der Öde sagt einem, dass man urlaubsreif ist. Schwierig, wenn man sich bereits in einem Urlaub befindet, oder jedenfalls so etwas Ähnlichem. Meine Langeweile, genauso wie meine vorhergehende Begeisterung beweisen jedoch, dass jeder Ort der Welt gleich langweilig oder interessant sein kann. Es ist demnach alles eine Frage der Perspektive.

Neue Erlebnisse sorgen für neue Perspektiven, unabhängig davon, ob man im Urlaub ist oder nicht. Das heisst: Wenn man aus dem Haus geht links gehen statt rechts. Durch eine Strasse wo man noch nie war. In ein Geschäft in das man sonst nie hineingehen würde. Etwas essen was man noch nie gegessen hat. Jeden Tag zwei neue Dinge, eine Woche lang, und das Leben verändert sich, wird bunter, farbenfroher und intensiver.

Aber jetzt mal ehrlich, das ist gar nicht so einfach. Die Motivation, in irgendeine neue Straße zu gehen, wird immens dadurch gesenkt, dass die Wahrscheinlichkeit, dort etwas Neues zu sehen oder erleben verhältnismässig gering ist. Ich bin heute in einen Park gegangen. Es war ein todeslangweiliger Park. Im Gras lag ein Stöckchen mit einem Hundehaufen wie ein i-Punkt direkt daneben. Ich habe es fotografiert und als Kunst deklariert. Möglicherweise werde ich mit den Bildern eines Tages berühmt, aber vorerst hat es nicht gereicht um meinem Tag einen Sinn zu geben der länger als eine halbe Stunde Substanz behält.

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In Finnland

Montag, August 04th, 2008 | Author:

“The Dark Knight”. Es läuft einem ein Schauer über den Rücken wenn Heath Ledger als der Joker in die Kamera sabbert. Der Film ist böse. Dunkel. Schwarz. Böse. Richtig gut. Man bekommt Lust die Comics zu lesen! Auf dem einsamen Heimweg verursacht die scharfe Klinge die man in der Hand hält plötzlich zweischneidige Gefühle, und wenn dann trockenes Laub von einem unsichtbaren Windhauch getrieben durch die dunkle Gasse Abkürzung raschelt geht man lieber etwas schneller.

Hier wohne ich übrgens. Tagsüber ist es nicht gruselig.

Samstag habe ich die Fähre bestiegen und das finnische Päärchen in Manly besucht. Manly ist ein Strandort im Norden Sydneys, der von der Südhälfte durch eine riesige Seezunge getrennt wird, die Sydneys Naturhafen bildet. Die Finnen sind schwarzhaarig und blass, mögen aber keine Gruftiemusik. Wir gehen einen Tee trinken. Die Finnin sagt die ganze Zeit: “In Finland…in Finland…in Finland…” Sie beklagt dass sie hier kein Auto hat, dass sie hier Teamarbeit machen muss und das Examen nur 30 % der Endnote ausmacht, dass die Duschvorrichtungen in der Wand befestigt sind und man den Duschkopf nicht frei bewegen kann. Ich glaube sie hat Heimweh.

Kann ich gut verstehen. Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich bin eine Nölliese, ich kann nicht gut mit Veränderungen und Neuem umgehen. Ich denke viel an zu Hause, meinen Freund, meine Freunde. Sowohl in Marketing als auch in Digital Video muss ich Teamarbeit machen. Es gibt fast nichts worin ich schlechter sein könnte als Teamarbeit. Aber wenn ich doch schon mal hier bin, kann ich es doch vielleicht lernen? Vielleicht ist es gut für meine Figur (und sicher auch für die der Finnin, die bei den Weightwatchers ist aber sich weigert echten Sport zu machen und Eiskaffee trinkt) wenn ich zu Fuß anstatt mit dem Auto einkaufen gehe! Und wenn ich zu Hause duschen möchte, dann sollte ich doch vielleicht lieber nicht woandershin fahren? Selbst wenn man eine Nölliese ist muss man doch das Beste aus der Situation machen, ansonsten kann man ja auch zu Hause bleiben.

Als ich auf der Fähre zurück sitze ist es schon dunkel, und die Lichter der Stadt glühen überall am Ufer. Ich setze mich zu ein paar Leuten, eine ältere Lady mit dunklem Teint ist dabei und bezieht mich direkt in die humorvollen Familienstreitigkeiten mit ein. Sie erklärt mir dass die grimmige, wohlgekleidete Dame mir gegenüber den schönsten Kuchen/Blumen/Geschenkladen in ganz Sydney besitzt und gibt mir eine Karte. Es stellt sich heraus dass sie essen gehen wollen und einen Babysitter für die Tochter der Kuchenfrau brauchen. Ich bin adoptiert, man nimmt mich mit nach Belvey Hills, die feine Gegend Sydneys.

Auf dem Weg sagt die Kuchenfrau sie hätte gerne das Gehirn von Condoleeza Rice. Die etwas dunklere Dame fängt an laut zu fluchen: “What? You want to be like this bitch? If you said the Queen of England I would have laughed! You really wrecked my day! My big fat ass, you don’t really want to be like that! Fuck! She’s a bitch!” Das ganze Auto tobt vor Lachen, ich bin beruhigt dass man vor dem Mädchen fluchen darf. Wir fahren durch Villenvororte, als wir ankommen steigen wir in einen Käfig, den sie “Inclinator” nennen. Es ruckt kräftig und wir fahren auf einer Schiene im Dunkeln den Berg hoch, durch ein Gebüsch aus Palmblättern. Das Haus schmiegt sich an einen grossen Fels, innen ist alles voller Blumen, Skulpturen und Kunst. An einer Wand im Wohnzimmer hängt alles voller Masken, die hat die Kuchenfrau auf ihren Reisen gesammelt. Das Mädchen ist zehn oder elf, sie heisst Ruby, sie ist süß und ein bisschen verwöhnt und ein bisschen dick, wir gucken Filme und ich gucke zu wie sie Baseball auf der Wii spielt. Man kann deutlich schwerer Geld verdienen. Ich habe meine Nummer dagelassen, die Kuchenfrau braucht öfter einen Babysitter. So ist es auch nicht mehr ganz so traurig dass ich nicht auf das Sigur Ros Konzert kann das gerade stattfindet (keine Karten mehr) und auch nicht auf die schwarze Party auf die jeder aus dem Sydney Gothicforum geht (zu krank noch).

Am Sonntag mit meinen Hausbewohnern auf die große Kunstausstellung in Sydney. Es ist sowas wie die Dokumenta, nur in Australien. Wir besuchen eine Soundinstallation, hunderte von Lautsprechern in einer großen hölzernen Halle am Pier, die Sonne scheint durch die Fenster und die Ritzen in der Wand, und ein riesiges Orchester, Stimmen, Vogelgeräusche und Fußtritte wandern, rauschen und schleichen durch den Saal, blasen einen weg und verursachen eine Gänsehaut. Danach gehen wir in die Sydney Opera Bar, ein Bier kostet 6-9 Dollar, aber die Aussicht auf die Harbour Bridge ist fantastisch.

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Ich brauch Maggi!

Freitag, August 01st, 2008 | Author:

Suppe hängt mir langsam zum Hals raus. Das könnte daran liegen dass ich Anfang er Woche schonmal einen großen Topf Suppe gekocht habe, allerdings ohne schwarze Magie, vegetarisch. Allerdings war die erste besser, die zweite besitzt zwar Magie, aber irgendwie fehlt Maggi.

Die Suppe hat allerdings dafür gesorgt dass es mir besser geht. Oder liegt es daran dass ich das australische Kombipräparat abgesetzt habe? Jedenfalls war ich heute bei meiner ersten Marketing-Vorlesung, die höchste erstaunlicherweise sehr erfrischend und unterhaltsam war. Gehalten wurde sie von einer kleinen Asiatin, die sprach und gestikulierte wie ein australisches Bushbabe.

In der Vorlesung habe ich ein deutsches Mädel von meiner Fakultät in Maastricht getroffen, also eine von denen, die mit mir hergekommen sind, die ich vorher schon kennengelernt hatte und mit denen ich hier als allerletztes was zu tun haben wollte. Zudem war sie mir beim ersten Mal schon unsymphathisch.

Liegt es am fremden Land? An der Sprache? Jedenfalls habe ich schon eine Weile nicht mehr so entspannt mit jemandem Smalltalk gehalten. Es lief darauf hinaus dass wir heute abend ins Kino gehen, Batman “The Dark Knight” gucken.

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Geduld und schwarze Magie

Donnerstag, Juli 31st, 2008 | Author:

Der erste Kurs gestern: Digital Video. Ein Raum voll mit fetten Macs. Wir werden mit Final Cut Pro arbeiten. Ich schätze Leute die sich fürs Filmemachen interessieren benehmen sich grundsätzlich desinteressiert, cool und arrogant. Wahrscheinlich habe ich mich auch so verhalten, auf jeden Fall war das erste Seminar ein wenig unterkühlt. Das wird sich wohl noch ändern, da wir in Gruppen jeweils einen fünfminütigen Kurzfilm drehen müssen.

Der zweite Kurs: Life Drawing. Einfach nur jeden Mittwoch abend in einem Keller voller Kunst sitzen und zeichnen, zeichnen, zeichnen. Da kann man echt die Zeit vergessen, Hausaufgaben: Zeichnen, Galeriebesuche, Zeichnen. Toll.

Heute die erste Vorlesung für Digital Arts. Hab ich verpasst, musste zum Onkel Doktor wegen dem Wetter, weil zwar die Sonne scheint es aber immer noch genauso viel regnet, nur aus meiner Nase, und ich Gewitterwolken im Kopf hab. Hab aber im Kursbuch gelesen und entdeckt dass ich zwei der angegebenen Bücher schon gelesen habe… Yeah!

Zur Bekämpfung meiner Krankheit habe ich mich übrigens der schwarzen Magie zugewandt. Ich habe ein totes Huhn mit einer Zwiebel und schwarzen Pfefferkörnern in einen Topf mit Wasser geworfen und zweieinhalb Stunden lang mit Flammen und Beschwörungen bedacht. Anschliessend habe ich Sellerie, Möhren, Bohnen, Lauch und Ingwer dazugegeben und das ganze fein mit Brühe und Knoblauch abgeschmeckt.

Der Doktor hat gesagt dass ich Pech habe, einen Virus und Geduld haben muss. Also lieber Gott, bitte schenk mir Geduld. Sofort! Übersetzt heisst das aber ja sowieso nichts anderes als dass ich unheilbar krank bin und bald sterben werde. Die Hälfte von meinem Hirn hab ich schon ausgeniest. Gute Nacht :) .

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Böse

Donnerstag, Juli 31st, 2008 | Author:

Recommended M. This article is recommended for mature audiences only. It contains coarse language and violence. (Diesmal kein Scherz :-) )

Gestern habe ich gelesen dass einer der Didgeridoo-Spieler von Yothu Yindi, einer der wenigen australischen Bands die ich kenne, einer jungen Frau mehrmals ein Messer reingerammt hat und sich danach, vermutlich in der Überzeugung dass sie tot ist, danach selbst umgebracht hat. Letzten Mittwoch hat er noch vor dem Prime Minister getanzt. Die haben echt gute Musik gemacht. War ein bisschen schockierend das so auf der Titelseite zu lesen.

Als ich weiterblätterte fand ich zum Glück noch ein paar gute Neuigkeiten: Die drei Männer, die vor mehreren Jahren mehrere junge Frauen und auch einen Mann hier in Sydney am Strand gekidnappt, gefoltert, vergewaltigt und ermordet haben, sind jetzt vermutlich identifiziert. Lag aber nur dran dass einer von denen, weil er sowieso schon mal auf ewig im Knast saß, mit den Bullen einen günstigeren Deal für die Info ausgehandelt hat. Na Gottseidank. Den offensichtlichen Spuren die schon da waren konnten die nämlich alleine nicht folgen.

Fragte Nicole abends beim Fernsehen ob sie davon etwas weiss. Sie fragte zurück ob ich dieses Model meine, dass über die Klippen geschubst worden ist. Nee, das war wieder was anderes. Im Fernsehen lief gerade eine ziemlich coole, lustige Sendung über Werbung, “The Gruen Transfer”. Unter anderem ging es da um einen Wettbewerb für eine Werbung im Namen Neuseelands, die Touristen davon abhalten soll nach Australien zu fahren und stattdessen nach Neuseeland zu kommen. Gewonnen hat diese:

Landschaftsaufnahmen.

“A land of wide open spaces.

Untouched wilderness.

Deserted Beaches.

So many beautiful places…

…to dispose of a body.”

“On the average, 22 tourists are murdered in Australia every year.

Australia.

Where the bloody hell are you…

…buried?”

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Hans im Glück

Dienstag, Juli 29th, 2008 | Author:

Mehr Regen

Es hat mal wieder die ganze Nacht durchgeregnet. Ich will nicht übertreiben, Samstag war es recht schön und Sonntag tagsüber auch, die Sonne schien und es war warm (nur nicht in den Blue Mountains, wo ich mich zu diesem Zeitpunkt aufgehalten habe…). Ich mag Regen. Regen intensiviert das heimelige Gefühl wenn man sich in ein warmes Bett kuschelt, und der sanfte Rhythmus murmelt einen beruhigend in den Schlaf. Diese Nacht war der Regen allerdings so laut dass ich davon aufgewacht bin, und allmählich geht er mir ein bisschen auf den Wecker. Gegen Vormittag wurde es allerdings wieder schön, so dass ich mich endlich in die Stadt wagen konnte.

Es ist so, ich habe drei Paar Schuhe mitgenommen: Meine Laufschuhe, Ballerinas und sowas wie Sneakers. Letzteres Paar, was als einziges für den normalen Gebrauch bei mittelässigem Wetter geeignet ist, hat Löcher in den Sohlen. Das ist im Grunde nichts Schlimmes, allerdings hatte ich nicht mit dem Regen hier gerechnet, und bei dem ersten heftigen Guss standen meine Füße komplett unter Wasser. Das ist so einige Tage her, die Schuhe sind immer noch nass und reif für den Müll.

Ich will mich nicht beschweren, denn dazu habe ich keinen Grund, aber ich möchte sagen dass es durchaus eine Leistung ist nur mit Ballerinas, einem dünnen Schal und ein bis zwei warmen Pullovern als wärmende Grundausrüstung in Australien zu überleben… Ich beschwere mich deswegen nicht, weil es eine ausgezeichnete Legitimierung für einen kleinen Einkaufsbummel war.

Der Zufall führte mich nach Chinatown. Ich war noch nie in einem Chinatown, und war mir am Anfang nicht mal sicher ob man als western girl überhaupt da alleine reingehen sollte. Aber dann steht man drin, und plötzlich sind lauter Asiaten, winkende Plastikkatzen, Jungs die aussehen als wären sie üble TokioHotel Fans, pinke Plüschvorhänge und rote Laternen um einen herum. Immerhin weiss ich jetzt wo die ganzen Asiaten hier ihre abgefahrenen Klamotten herbekommen…

Glück im Unglück (kommt auch mal vor)

Ich habe festgestellt, dass sich im Jungsbad im unteren Stockwerk unseres Hauses eine Badewanne befindet. Nachdem ich eine Weile zu schüchtern dazu war, habe ich heute mittag die Erlaubnis zur Benutzung eingeholt. Erst musste ich die schwarzen Männerhaare entfernen die überall klebten, aber schliesslich kam ich in den Genuss einer äusserst entspannenden Ganzkörpererhitzung. Es gibt fast nichts Besseres als eine Badewanne.

Soeben ist der Strom ausgefallen. Die Küche und das untere Badezimmer sind tot, liegt vermutlich an den alten Leitungen, da muss ein Elektriker kommen. Mit ein paar Verlängerungskabeln haben wir immerhin den Kühlschrank und den Wasserkocher versorgt, das Wasser aus der Leitung ist heiss und der Herd ist gasbetrieben. Trotzdem bin ich ein bisschen zufrieden dass ich heute mittag noch den Komfort eines beleuchteten Badezimmers voll ausgekostet habe…

Morgen ist mein erster Unitag, ich werde also wohl erstmal nicht zum Schreiben kommen. Entschuldigt daher dass dieser Eintrag ein bisschen länger geworden ist. Und noch länger wird…:

Obwohl ich mittlerweile überzeugt bin eine Brochitis oder vielleicht doch eine Mikrolungenembolie als verspätete Thrombosefolge zu haben, bin ich trotzdem ein kleiner Glückspilz. Im Laufe der letzten Tage fiel mir auf, dass ich den Ring, der mir gegeben worden war weil er die Eigenschaft hat zu seiner Besitzerin zurückzukehren, nicht mehr wiederfinden konnte. Ich habe hin und herüberlegt, wie ich die Peinlichkeit erklären soll dass ich den Ring in der ersten Woche schon verloren habe! Dann dachte ich: Wenn der Ring die Eigenschaft hat, zu seiner Besitzerin zurückzukehren, sollte ich vielleicht doch mal im Hostel anrufen und nachfragen ob ihn dort jemand gefunden hat. Ich meine, so ein magischer Ring muss ja auch mal ein paar Herausforderungen an seine übernatürlichen Fähigkeiten abkönnen, oder? Selbst wenn es sich um ein Hostel mitten in Kings Cross mit sechzig oder hundert Zimmern und verpeiltem Personal handelt und es schon fast eine Woche her ist… Also habe ich eben angerufen. Ich kann ihn morgen dort abholen.

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