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Archive for the Category » Reise Weise «

Buchmesse

Freitag, Oktober 14th, 2011 | Author:

Fazit nach 3 Tagen Messe:

Kein Deo ist gut genug für den Messebesuch.

Messeessen = Fughafenessen

Ich brauche ein schickes Rollköfferchen.

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Schottland Teil 1

Freitag, Oktober 14th, 2011 | Author:

Wenn man in Schottland einen Wagen mietet, sollte man eine Vollkasko mit 0 € Selbstbeteiligung abschließen und die rechte Hand vorsorglich mit Bandagen schützen – automatisches Greifen nach dem Schaltknüppel endet abrupt in der Fahrertür. Wir fahren durch Glencoe, das Herz der schottischen Highlands. Da wo die Busse mit all den Asiaten anhalten, muss man auch anhalten, weil man sonst einen Unfall baut. Der Anblick der zerfurchten Berglandschaft, die selbst Gandalf Ehrfurchtsttränen in die Augen treiben würde, ist so überwältigend, dass man den Blick nicht auf der Straße halten kann.

Wir biegen ab auf eine Straße, die nicht mehr ist als ein gewundener Feldweg, und uns die nächste Stunde 26 Meilen durch eine idyllisch-bizarre Landschaft zu einer einsamen Farm ohne Strom führen soll. Der Mann, der sanft gelächelt hat, als ich ihn vor dramatischen Wetterverhältnissen sowie unwegbarer und wilder Natur warnte, muss pinkeln und steigt aus dem Auto aus. Weit und breit ist weder Baum, noch Strauch, noch Mensch zu sehen, doch als Stadtkind welches er ist, verlässt er den asphaltierten Weg und tritt in ein knietiefes Sumpfloch.

Wir fahren also durch eine atemberaubende Landschaft, während seine Schuhe in der Fußheizung trocknen und meine Füße am Gaspedal geröstet werden, aus dem Beifahrerfenster flattert die nasse Hose. An der Farm stellen wir das Auto ab, der kauzige Farmbesitzer meint dass wir den Weg bis Barisdale in 3,5 Stunden schaffen, also gerade noch vor dem Dunkelwerden – wenn wir schnell gehen. Also stolpern wir mit kiloschweren Rucksäcken die schmalen Pfade bergauf bergab an der Küste entlang, bis wir endlich im Dunkeln in Barisdale sind: Ein Haus, das nur zu Fuß oder per Boot zu erreichen ist, eine Wiese auf der kein Heidegestrüpp steht und wo man zelten kann.

Am nächsten Morgen ist der Mann nervös. Draußen sind Mücken. Da kann man nicht in Ruhe frühstücken. Wir sollen abbauen, und woanders frühstücken. Ich möchte im Zelt frühstücken, aber er ist schon dabei die Heringe herauszuziehen. Also treten wir dem Übel ohne Frühstück im Magen entgegen. Zehntausende von winzigen Mücken stechen in jede erreichbare Körperstelle, werden in Scharen eingeatmet und verschluckt. Ich wickle meinen Schal um mein komplettes Gesicht und kann kaum ewas sehen, aber alles ist besser als die “Midges”. Zwei Meilen weiter verprügele ich den Mann und koche mir Tee mit Fleischbeilage.

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Ranger Tommy

Dienstag, September 06th, 2011 | Author:

“Ranger Tommy will get back to you as soon as possible.” Der Mann wollte Abenteuer. Das kriegt er jetzt, und zwar nicht zu knapp. Die schottische Halbinsel Knoydart liegt hinter einer Gebirgskette und ist nur via Boot zu erreichen – oder zu Fuß in einem dreitägigen Marsch durch unmarkiertes Gelände… Also Kontakt mit Ranger Tommy für letzte Warnhinweise aufgenommen, nochmal schön Herr der Ringe – Die Gefährten gucken und ab ins Vergnügen.

Es ist erstaunlich, dass mir der gut erschlossene Westhighland Way zu anstrengend erschien, ich mich aber nun freiwillig und mit Vorfreude auf eine wesentlich anstrengendere Tour einlasse. Der Grund dafür liegt aber in der Natur der Sache: Während ich auf dem Westhighland Way die Ortschaften vermeiden muss damit Mann sich beweisen kann, obwohl mich nichts sehnlicher lockt als der nächste Pub mit einer deftigen Mahlzeit, kann ich nun mein Durchhaltevermögen unter Realbedingungen testen, und mir den anschließenden Aufenthalt am abgelegensten Fleckchen Großbritanniens in einer schnuckeligen Unterkunft mit preisgekröntem Essen ehrlich verdienen.

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Nanageddon – oder Verkehrsmisanthrophie

Mittwoch, August 03rd, 2011 | Author:

Wahrscheinlich werdet ihr mir nicht glauben und in meiner Schilderung die Bestätigung dafür sehen, dass ich ein misanthropisches Wesen habe und überhaupt ungeduldig bin, aber ich darf zu meiner Verteidigung vorausschicken: Ich war zum Zeitpunkt des Geschehens: 1. Guter Laune, 2. Nicht in Eile und 3. Der Menschheit gegenüber wohlgestimmt und nachsichtig.

Es trug sich folgendermaßen zu: Ich fuhr mit meinem Wagen in eine kleine Seitenstraße ein, mit Blumenkästen an den Fenstern. Als ich um die Ecke bog sah ich eine ältere – wenn nicht uralte – Dame mit einem Rollator die Straße betreten. Gleichmäßig und zügig machte sie sich daran, mit sicherem Schritt die Straße zu überqueren. Ich lächelte und freute mich über die strotzende Gesundheit der alten Frau, und verlangsamte um sie mit ausreichendem Abstand zu passieren.

Dann drehte sie sich um, sah mich, starrte mich wässrigen, hellblau-kalten Augen kurz höhnisch an und hielt mitten im Schritt inne. Ich musste aufgrund der unvorhersehbaren Handlung trotz Schritttempo abrupt bremsen um sie nicht zu überfahren. Dann ging sie weiter, jedoch nicht zügig wie vorher, sondern quälender Langsamkeit, Schritt für Schritt, in hakeliger Slow-Motion, mit der vollen Absicht, an mir zur Rache für alle rücksichtslosen Autofahrer ein mentales Exempel zu statuieren, auf dass ich mit gebrochenem Glauben an die Menschheit und Angst im Herzen vor jeder Rollator-Omi nie wieder wagen würde, mit 25 km/h eine Straße entlangzufahren. Nanageddon.

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Intime Züge

Donnerstag, Mai 20th, 2010 | Author:

Seit neuestem fahre ich ja immer mit dem Zug zur Arbeit. Das ist sehr schön, weil die Fahrt nur zehn Minuten dauert und man so ein paar Minuten hat um morgens hoch und abends wieder runter zu kommen.

Dabei hört man so allerlei Sachen. Aus irgendeinem Grunde vertreiben sich viele Leute die Zeit im Zug mit telefonieren, vielleicht weil sie sich sonst einsam fühlen oder weil die Zeit ja auch immer so drängt und man immer alles direkt kommunizieren muss. Ich glaube, ja ich bin sogar fest davon überzeugt, dass einige Menschen depressiv oder gar wahnsinnig würden wenn es plötzlich kein Internet und keine Mobiltelefonie mehr gäbe. So reden also die Leute am Telefon über allerlei Zeugs, das jedem Hobbysoziologen und Betriebsspion Freudentränen in die Augen treiben würde. Man erfährt nicht nur viel über das Leben der Leute, sondern auch über ihre Beziehungen.

Gestern saß eine junge Frau genau neben mir und führte eine extensive Beziehungsbeendungsdiskussion mit ihrem (Ex)-Freund, der offensichtlich Probleme gehabt hatte sich eindeutig für sie zu entscheiden, dies aber nun bereute, sich aber immer noch nicht ganz sicher war und nun eruieren wollte ob es nicht doch klappen könnte, während sie nicht gewillt war mit mangelhaftem Engagement seinerseits zu leben, die Freundschaft -die er ja ursprünglich statt der Beziehung gewollt hatte- aber erhalten werden könnte, in welchem Falle er jedoch auch davon abzusehen hätte gewisse Sms mit Fragen über ihr derzeitiges Sexualleben, Träume oder Essverhalten zu schreiben, da ihn das ja nun nichts mehr anginge, er müsse sich also jetzt entscheiden was er wolle.

Wie er darauf reagierte wissen weder ich noch die Frau, weil die Verbindung abbrach. Dann stieg ich aus, weil man muss aufhören wenn es am Spannendsten ist.

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In Hamburch

Mittwoch, Mai 12th, 2010 | Author:

Wer auf die Idee gekommen ist einen Fernsehbeitrag in der Hamburger Innenstadt während der Aufstiegsfeier von Sankt Pauli zu drehen, ist mir unbekannt. Ich war jedenfalls dabei und vom Kamerateam begleitet mittendrin im Gewühl, weil unsäglich viele Leute Fernsehn geguckt haben als die Story von den Phillipinen lief.

Vom Dreh möchte ich eigentlich nicht erzählen, weil sowas meistens daraus besteht dass man irgendwo langgeht oder etwas sagt und der Regisseur sagt: “Das war schön, total super, kannst du das nochmal machen?” oder wahlweise “Genau das Gleiche nochmal, nur ohne (oder wahlweise mit) xyz”.

Viel aufregender ist hingegen der Aufenthalt in einem Hotel, insbesondere weil es selten genug vorkommt, dass ich in einem richtigen Hotel übernachte. Genau genommen ist es erst drei Mal vorgekommen. Dieses Mal gab es einen einzigen Morgen innerhalb von zwei Wochen, an dem ich einmal länger schlafen durfte. Doch wie man sich schon denken kann wurde daraus leider nichts.

Um Punkt sieben Uhr wurde ich durch das Geräusch einer neben meinem Bett aufheulenden Kettensäge brutal geweckt. Diese einmalige Gelegenheit nutzten nämlich einige durchtrainierte und enthusiastische Herren, um im Innenhof genau vor meinem Fenster im Erdgeschoss einen Baum zu fällen. Dabei riefen sie sich lautstark Beschimpfungen, Befehle und derbe Witze zu, die ich nicht dadurch anheizen wollte, dass ich im leichten Nachtgewand am Fenster erschien. Mit dem Kissen über dem Kopf hoffte ich also auf das Ende der Operation. Jedes Mal, wenn das Geräusch erstarb, dachte ich dass es nun ausgestanden sei und dämmerte wohlig in die Stille hinein, nur um Sekunden später wieder rücksichtslos von der Kettensäge wachgebrüllt zu werden. Offenbar gab es viele Äste zu kappen.

Der Baum fiel endlich um zehn Uhr auf das Signal meines Weckers hin. Ich begab mich in den Frühstücksraum. Auf die Frage wie ich denn geschlafen habe anwortete ich: “Ganz vorzüglich”, was ja auch bis sieben Uhr durchaus den Tatsachen entsprochen hatte, nachdem ich durch die in drei Nächten gesammelte Erfahrung endlich den Dreh raushatte, wie ich aus dem Hotelkissen und meiner Jacke eine akzeptable Schlafunterlage fabrizieren konnte.

Ich war spät dran zum Frühstück, und die Servicekraft deckte bereits für den Restaurantbetrieb ein. Sie nahm einige Weingläser herunter und platzierte mich vor einer blütenweissen Tischdecke. Zu Tischdecken habe ich ein gestörtes Verhältnis. Sobald ich mich an einen frisch eingedeckten Tisch setze, ist die Tischdecke nach spätestens fünf Minuten völlig versaut. Dabei mache ich gar nichts! Krümel, Tee und Marmeladenkleckse fliegen, jeglichen Gesetzen der Erdanziehungskraft spottend, wie von selbst am Tellerrand vorbei und landen auf dem Tischtuch, so als würden sie magisch davon angezogen.

Hin und wieder werfen Menschen mir Unachtsamkeit und mangelndes Geschick vor, weswegen ich neulich einfach mal überhaupt nichts gemacht habe. Mit den Händen unter der Tischplatte saß ich einfach nur da und starrte auf meinen Teller. Als schließlich jemand den Teller wegnahm, zeichneten sich auf dem Tischtuch deutlich zwei frische Soßenflecken ab.

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Olfaktorische Bahnfahrt

Donnerstag, März 25th, 2010 | Author:

In dem Moment, in dem man aus der Wohnung in den Hausflur tritt, krabbelt einem der schale Geruch von abgestandenem Rauch, Essensausdünstungen, Hundehaaren und Staub in die Nase. Das führt dazu, dass man schnell, und möglichst ohne Staub aufzuwirbeln die Treppe hinuntereilt. Der Moment, in dem man dann das Haus verlässt ist einer der grossartigsten des Tages (abgesehen von dem Moment wenn man endlich wieder nach Hause kommt), besonders im Frühling. Man öffnet die Türe und es schlägt einem milde, volle Frühlingsluft entgegen, und der angewärmte Asphalt verströmt ein vielversprechendes Aroma von Freiheit und lauen Nachmittagen.

Morgens in der Bahn duften fast alle Menschen noch frischgewaschen, da ist die olfaktorische Welt noch in Ordnung. Ein Hauch von frischgewaschener Baumwolle und Shampoo liegt in der Luft. Die Gesichter der kleinen Jungs tragen noch den unschuldigen Glanz von Niveacreme und duften nach Muttis Händen, die Lippen und Wangen der Mädchen schimmern rosig. Durch das Abteil ziehen zarte, unaufdringliche Parfüm-Noten von Veilchen, Vanille und Flieder, die jedoch plötzlich durchmischt werden von pestigen Urinfäden, die sich in Alkoholbrodem auflösen.

Doch da fährt die Bahn schon in den Tunnel ein. Wie dicker, zähflüssiger Nebel dringt der U-Bahn-Duft unerbittlich durch alle Ritzen in den Wagen und in die Nase ein, und überdeckt alle anderen Gerüche. Es ist der dumpfe und teerige Geruch von abgestandener Luft, der sich vermischt mit dem von nassem Stein und dem metallisch-süßen Geruch der Bahnschienen. Ich steige aus dem Wagen. Es ist ein sehr vertrauter Geruch, der einen dennoch fast erstickt, in einen eindringt und einen völlig umschliesst.

Vor mir eine dunkelhäutige, schöne Frau, die betörend nach frischer Seife duftet. Ich schwimme in ihrem Luftstrom zum Ausgang. Mit dem Lärm jagen heftige Stöße von Abgasluft und der süße Hefegeruch frischgebackener Brötchen durch die Halle. Erst auf den Treppen, die zur Straße führen, kann man langsam wieder freier atmen; die züngelnden Duftfäden fließen einem noch durch das Gesicht; Und dann steht man plötzlich mitten in der Stadt, die alle Gerüche in sich vereint und verschwenderisch ihre kurzlebigen Düfte explodieren lässt.

Jede Stadt hat ihren eigenen Duft, wie ich in Australien feststellen durfte…In Darwin ist die Luft zum Beispiel heiss und schwer, es duftet dunkel nach rauchigem Holz, Schweiss, Chlor, Mangos, wilden Blüten und aus den Kneipen nach abgestandenem Rauch und Bier. In Sydney ist die Luft frisch, eine leichte, beschwingte Brise mit verschiedensten Nuancen von Dueften von exotischem und vertrautem Essen, Asphalt und Sehnsucht. Tja, und der Ruhrpott…warten wir auf den Sommer.

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Wärmflasche

Donnerstag, März 11th, 2010 | Author:

Menschen sind grundsätzlich selbstzerstörerische Wesen. Wir wollen gar nicht erst global denken, es fängt schon bei den kleinen Dingen an. Viele Leute rauchen, andere stürzen sich an Seilen von irgendwelchen Klippen, wieder andere spielen so lange Computer bis sie verdursten oder das Haus abbrennt. Ich dusche zu heiss. Bei Temperaturen wie diesen drehe ich alle zwanzig Sekunden den Hahn zwei Millimeter weiter und nehme dabei die Gefahr von Verbrennungen ersten Grades in Kauf.

Eigentlich fing meine Hitzesucht recht harmlos an. Aufgrund der arktischen Temperaturen in meiner alten Wohngemeinschaft froren mir gelegentlich die Finger an der Tastatur fest, so dass ich mir gelegentlich eine Wärmflasche eingoss (wie andere vielleicht einen Grog). Bald schon hatte ich mich so an das Gefühl dieses heissen Beutels gewöhnt, dass ich sobald ich nach Hause kam als erstes eine Wärmflasche zubereitete.

Ein beheizter Schlafraum ist keine Alternative, wichtig ist der Kontrast zwischen Kalt und Warm. Heizdecken fühlen sich eher so an als hätte einem jemand ins Bett gepinkelt. Selbst in Australien fühlte ich mich nach kurzer Zeit genötigt, mir eine Wärmflasche zu kaufen. Seitdem nehme ich stets eine Wärmflasche mit wenn ich unterwegs bin, auch wenn mich Partygastgeber gerne etwas komisch angucken wenn ich mir eine Wämrflasche mache bevor ich besoffen in den Schlafsack krieche.

Auf den Phillipinen war das bei 30 Grad natürlich völlig überflüssig, lieber sprang man morgens in den Pool um sich abzukühlen. Als ich jedoch in den Tiefen meines Rucksacks wühlte, stellte ich fest, dass ich ohne es zu bemerken auch in die Tropen meine geliebte Wärmflasche mitgenommen hatte…

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Meer, Schnee, Käsebrot

Dienstag, März 09th, 2010 | Author:

Ich fahre mit der Nachtfähre. Dort gibt es Hochbetten auf denen man schlafen kann. Als wir uns dem Hafen von Cebu nähern, drängen sich kleine Bananenboote mit braungebrannten Kindern darin um die Fähre und recken ihre Hände nach oben. Kleine Piraten, die auf dem Wasser leben, Seegetier essen und sich so durchschlagen. Waisen, Herumtreiber, Fischerkinder. Sie jagen einander, fahren im Kielwasser mit und hoffen auf etwas von oben.

Auf der Insel habe ich einige Strandkinder kennengelernt, die auf Algenbänken saßen und kleine Meerestiere gesucht haben. Keine Waisen, die ganze Familie lebt vom Meer. Sie sitzen in der Hocke und zerschlagen die Panzer und Schalen mit einem Stein, waschen das Fleisch im Meerwasser und stecken es in den Mund. Sie halten mir ein stacheliges Ding hin. “Animal?” frage ich. Nein. “Plant?” Ja. Ich nehme es in die Hand, plötzlich bewegen sich die Stacheln und ich lasse den Seeigel fallen. Sie lachen mich aus, ein Junge hebt ihn auf, biegt ihn auseinander und puhlt das Fleisch heraus um es zu essen. In kleinen Plastikeimern schleppen sie ihre Schätze nach Hause.

Ich steige aus dem Flieger, ohne Jacke, im dünnen Baumwolloberteil. Es gibt keine Gangway zum Terminal, nein, man muss bei minus vier Grad in den Bus steigen und hoffen dass er irgendwann die Türen schliesst. Ich hoffe dass in den nächsten zwei Stunden ein sicheres Verfahren entwickelt wird um Schockgefrostete Menschen wieder lebendig aufzutauen.

Ansonsten finde ich die Kälte gut. Immer wenn man woanders ist, fällt einem auf, wie sauertöpfisch die Menschen hier in Deutschland gucken. Selbst anlächeln hilft nicht, man wird angesehen als wäre man bescheuert oder unzurechnungsfähig. Nach zwei Wochen Reis zum Frühstück, Mittag- und Abendessen bin ich entzückt von einem Frühstück mit Brot und Käse. Beides gibt es auf den Phillipinen nicht.

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Phillipinen

Samstag, März 06th, 2010 | Author:

Ich schreibe aus dem Land wo es keine Postkarten gibt, und auch keine Hausnummern. Auf den einsamen Inseln gibt es alle 30 Kilometer ein Internetcafe. Dort sitzen Gamer, die in Bambusverschlaegen wohnen, und sehen genauso aus wie alle andereren Gamer dieser Welt. Wenn man Glueck hat, funktioniert sogar das Internet.

Noch bevor wir den Flughafen nach 17-stuendiger Reise verlassen, fangen wir an zu drehen. Man soll schoen authentisch fertig aussehen. Die Fahrt durch Cebu, den suedostasiatischen Moloch, hoechst sonderbar. Man fuehlt sich wie in einem Film (Apocalypse Now?), oder einer Stadt entworfen von Walther Moers. Bilder duerrer, barfuessiger Kinder und zahnloser alter Leute aus Reportagen und Dokumentationen werden lebendig, und doch ist es kein Stueck wie im Fernsehen.

In dieser Welt ist es immer heiss, die Schilder bunt und selbstgemalt, die Mopeds knatternd. Man kann sich kaum vorstellen, dass genau zur gleichen Zeit andere Menschen genauso wohnen wie wir es tun: In Haeusern, kalter Luft, stillen Staedten, anderen Farben. Die Farben der Dinge hier sind anders. Das Meer, der Himmel, die Sonne haben andere Farben, genauso wie die Menschen, die Pflanzen und das Essen.

Auf unserer Insel gibt es kaum Weisse. Nach zwei Tagen wissen alle auf der Insel vom deutschen Fernsehteam. Der Dreh ist anstrengend, wir holen alles aus uns raus, weil wir jung sind und ehrgeizig. Wenn ich irgendwo lang gehe starren mir alle hinterher, alle winken und fragen woher ich komme, die Kinder kichern “You are so beautiful!” und ich erzaehle dass sich bei uns Leute auf Maschinen legen um braun zu werden. Alle denken ich sei ein deutscher Filmstar.

Inmitten von karibischem Traum, Dschungelhuetten und tiefstem katholischem Missionsglauben, verewigt in meterhohen, buntbemalten, Marienfiguren aus Plastik, traeumen die Menschen von Coca Cola, Kalter Luft und Glamour. Das der auch nur Schein sein kann ist ihnen egal. Auf der anderen Seite treffen wir einen reichen Amerikaner, der Heidegger und Hegel studiert hat und eine tiefe Sinnkrise hat, weil er sich nach dem unberuehrten Paradies und der Unschuld sehnt. Fuer uns ist es romantisch, belebend, mit nackten Fuessen am Strand entlang zu laufen und endlich etwas zu spueren in unserer kuehlen, sterilen Welt, aber wer immer Sand zwischen den Zehen hat sehnt sich nach festen Schuhen und sauberem Boden.

Ich singe mein erstes Konzert in einer kleinen Wellblechhuette mit einer phillipinischen Band, die auf feuchten Seiten spielen, meine Stimme knarzt durch den Verstaerker und ist schlimmer als beim Karaoke, aber es macht Spass. Neben mir liegt ein gegrilltes Schwein. Ich esse lieber Reis. Dem Hotelbartender bringe ich bei wie man White Russian mixt. Alles andere ist hoffnungslos.

Es gibt viel zu erzaehlen, so viel, das man fast nicht anfangen kann. Von den deutschen Maennern die hier heiraten, dem Essen und der Dschungelkommune, dem Busfahren und den seltsamen Leuten die man trifft. Vielleicht wenn ich zu Hause bin.

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